Die geheime Nation
Nach Jahren der Einsamkeit und Erniedrigung in der Stadt faßt Sebastian Mamani, Sargtischler vom Volk der Aymara den Entschluß, in sein Dorf auf dem Altiplano zurückzukehren, aus dem er vor Jahren verstoßen worden war. Auf seinem langen Weg zurück läßt er sein Leben Revue passieren. Bereits als Kind wurde Sebastián als Dienstbote zu feinen Leuten in die Stadt geschickt. Er sollte es einmal besser haben. Nach dem Tod seines Vaters wird er ins Dorf zurückgerufen. Als ältester Sohn soll er die Äcker der Familie bestellen. Sebastián wird wegen seiner guten Kontakte zur Stadt bald zum Bürgermeister des Dorfes gewählt. Doch als Einzelkämpfer, zu dem er in der Stadt geworden ist, kann er sich in das kollektive Leben der Gemeinschaft nicht mehr eingliedern. Er hintergeht die Dorfgemeinschaft und wirtschaftet in die eigene Tasche. Die Werte der Stadt, Besitz und Macht, haben auch ihm ihren Stempel aufgedrückt.
Vor die Alternative Tod oder Verbannung gestellt, wählt er das Exil. Rückwärts auf einen Esel gebunden, wird er aus dem Dorf getrieben. In der Stadt wünscht sich der Indio Mamani nichts sehnlicher, als seine Herkunft zu verbergen und akzeptiert zu werden. Seinen Namen ändert er in Maisman. Eine Zeit lang arbeitet er für das berüchtigte Innenministerium und nimmt an paramilitärischen Aktionen des Geheimdienstes gegen Oppositionelle teil. Irgendwann merkt er, dass er für die Mestizen immer der Indio bleiben wird. So beschließt er, wenn schon ein würdiges Leben für ihn nicht möglich ist, wenigstens in Würde zu sterben und in sein Dorf zurückzugehen. Während seines langen Weges trägt er die mythologische Maske des Danzante auf dem Rücken. Mit ihr will er in seinem Dorf den traditionellen und fast vergessenen Tanz des Todes tanzen.
Auf dem kargen Hochplateau begegnet ihm der vom Militär verfolgte linke Student, der den Indio mit seiner „Karnevalsmaske“ auf dem Rücken zunächst belächelt und ihm dann mit dem Argument den warmen Poncho abschwatzen will: „Ich kämpfe auch für Deine Interessen“. Als Sebastián stur bleibt, setzt der Student schließlich mit der Bemerkung „Scheiß-Indio“ seine Flucht fort. Im Dorf angekommen, beginnt Sebastian, den Tanz den Danzante zu tanzen, ein Ritual, das auch im Altiplano nur noch die Alten kennen. Die Dorfbevölkerung, die gerade von einer Demonstration vor den Minen zurückkommt, will Sebastian als Verräter steinigen. Ihnen erscheint Sebastiáns Wunsch, zu tanzen, wie ein Frevel im Angesicht der Toten, die sie mit sich führen. Den jungen Aymara ist die Bedeutung des Tanzes nicht mehr präsent. Doch die Alten, die seinen Tanz noch als Todesritual verstehen, ergreifen für ihn Partei. Das letzte eingefrorene Bild des Films zeigt ihn, wie er an der eigenen Beerdigung teilnimmt. Was von ihm stirbt, ist seine Vergangenheit. Das.Leiden, beziehungsweise die Erfüllung des Mythos, hat ihn erlöst.
Produktionsjahr | 1989 |
Originaltitel | La nación clandestina |
Produktionsland | Bolivien |
Ziel-/Altersguppe | ab 16 Jahren |
Formate | 16 mm |
Länge | 124 Minuten |
Buch | Jorge Sanjinés |
Regie | Jorge Sanjinés |
Kamera | César Pérez |
Ton | Juan Guarani |
Musik | Cergio Prudencio |
Schnitt | Jorge Sanjinés |
Darsteller | Reynaldo Yujra, Orlando Huanca, Delfina Mamani, Roque Salgado |
Produktion | Grupo Ukamau |
Genre | Spielfilm |
Sprachfassung | OmU |