Kolonialmama Eine Reise in die Gegenwart der Vergangenheit

Wie niemand sonst in Deutschland hat sich der Filmemacher Peter Heller seit mehr als 30 Jahren mit verschiedenen Aspekten des deutschen Kolonialismus in Afrika beschäftigt. In „Kolonialmama“ fügt er seinem bisherigen Schaffen nun eine ganz neue Dimension hinzu: die biographische Spurensuche nach seiner kolonialen Vergangenheit und welche „Familiengeheimnisse“ sich dahinter verbergen.
In den Gesprächen über die Kindheit und Jugend seiner bei den Dreharbeiten fast hundertjährigen Mutter, entsteht zunächst ein privater Erinnerungsraum, der sich jedoch bald auf die politische Geschichte des 20. Jahrhunderts ausdehnt. Die 1910 geborene Ruth Heller wächst glücklich und geborgen in Swakopmund, im damaligen „Deutsch-Südwest“, dem heutigen Namibia auf. Ihr Vater war dort seit 1901 leitender Angestellter der Eisenbahn – und damit zumindest indirekt eingebunden in den Genozid an den Hereros, denn der Eisenbahn kam eine entscheidende Schlüsselstellung bei der militärischen Eroberung und geplanten wirtschaftlichen Ausbeutung des Landes zu. Und dieser nach Peter Hellers Bekunden „geliebte Großvater“ hatte mit seinen abenteuerlichen Erzählungen in dem kleinen Jungen ein dauerhaftes Interesse für Afrika geweckt. Dass der Großvater auch einen Orden von Kaiser Wilhelm für seine Verdienste erhalten hatte, wusste Heller zu Beginn seiner filmischen Karriere so wenig, wie er die genaueren Umstände kannte, unter denen die Familie nach dem Verlust der Kolonien als Kriegsverbrecher aus Afrika nach Deutschland ausgewiesen wird. Ruth Heller verliert damit ihre afrikanische Heimat und wird ihr zeitlebens nachtrauern.
Peter Heller nutzt die Gespräche mit seiner betagten Mutter für die Suche nach seiner Familiengeschichte. Er entdeckt politische Verstrickungen und persönliche Verdrängungen. Doch der Filmemacher begreift diese Reise in die Vergangenheit auch als Chance, mit seiner Mutter ins Reine zu kommen. Ihre Enttäuschung darüber, dass der Vater ihre Rückkehr nach Afrika verhinderte, konnte sie nie überwinden. Und ihr Sohn bemerkt, dass er es verpasst hat, mit der Mutter an die Orte Ihrer Kindheit zurückzukehren.
Entstanden ist so ein sehr persönlicher und subjektiver, aber keineswegs ein privater Film über eine Mutter-Sohn-Beziehung. Es ist eine Identitätssuche im Kontext einer verschlungenen Familiengeschichte, die zugleich ein neues Licht auf ein lange verdrängtes dunklen Kapitels deutscher Kolonialgeschichte in Afrika wirft.

Schlagworte: Familie, Frauen, Kolonialismus
Länder/Kontinente (inhaltlich): Deutschland, Namibia

Produktionsjahr2009
ProduktionslandDeutschland
Ziel-/Altersguppeab 14 Jahren
FormateDVD
Länge79 Minuten
BuchPeter Heller
RegiePeter Heller
KameraHans Albrecht Lusznat, Klaus Lautenbacher, Otmar Schmid
TonGregor Kuschel
MusikDoo Ruff, Don Schoegele Swakopmund, Edvard Grieg
SchnittSabine Rodrian
ProduktionFilmkraft Filmproduktion
GenreDokumentarfilm