Sertschawan Bei meinen Augen
Im März 1988 ging ein Bild durch die Medien, das zum Zitat wurde. Der Mann aus Halabja, der mit seinem Kind im Arm tot am Boden liegt, wurde zum Sinnbild für „Tod im Gas“. Als im Golfkrieg 1991 der Einsatz chemischer Waffen befürchtet wurde, zitierten Reportagen wiederum dieses Foto.
Wer war dieser Vater, dessen Mörder in aller Munde war, der selbst namen- und leblos blieb? Wie lebten die Flüchtlinge, die wir notleidend und heimatlos vorgeführt bekommen, vor der Flucht? Was sollen wir mit Bildern von Tod und Flucht anfangen, wenn wir das Leben dahinter nicht kennen? Der Film hat seine Tag- und Nachtzeiten. Am Tag führt er durch ein kurdisches Dorf im Dreiländereck Iran-Irak-Türkei, er begleitet die einheimische kurdisch-iranische Bevölkerung auf der Wanderung mit ihren Schafen durch die Berge. Das Mädchen Sahida geht, wie es üblich ist, den Frauen zur Hand. Ein Junge aus dem Dorf kauft sich auf dem Pferdemarkt einen Schimmel und reitet durch die Landschaften Kurdistans, die Erinnerungen wachrufen an das alte Epos von Mam und Zin. In der Nacht sind irakisch-kurdische Flüchtlinge im Dorf zu Gast. Sie schildern in Form einer Kettengeschichte die Ereignisse, die zu ihrem Exil geführt haben: Die Zerstörung ihrer Dörfer durch Saddams Politik der verbrannten Erde, die Deportation in Lager, die Verschleppung von achttausend Barzani in den Tod, die Vernichtung ihrer Kultur, bis hin zu den Maßnahmen, die den Genozid bedeuten: den Einsatz von Giftgas, gipfelnd im Tod von Halabja im März 1988.
Akram Hamo erzählt von seiner Stadt Halabja, wie sie unzerstört in seiner Erinnerung lebt, die Kamera geht durch die lebhaften Bazare und Straßen der iranisch-kurdischen Städtchen Oshnu und Sardasht. Die Erzählung von Akram Hamo und die Bilder treffen sich am Schluss in einer Bäckerei. .Der Film kehrt zurück zum toten Mann mit dem Kind im Arm. Omar Chawar war sein Name, Bäcker in Halabja, mit seinem jüngsten Sohn Shivan, der wohl in 15 Jahren in der Bäckerei seines Vaters gestanden hätte. „Wer hätte gedacht, dass Omars Foto in der ganzen Welt gezeigt würde“, sagt Akram.
Ausgehend vom kurdischen Volk ist ein Film über die Zerstörung entstanden, die Krieg und Unterdrückung bei den Menschen hinterlässt, über Trauern und Überleben, über Leben und Tod.
Produktionsjahr | 1992 |
Produktionsland | Schweiz |
Ziel-/Altersguppe | ab 16 Jahren |
Formate | 35 mm, VHS |
Länge | 90 Minuten |
Buch | Beatrice Michel Leuthold, Hans Stürm |
Regie | Beatrice Michel Leuthold, Hans Stürm |
Kamera | Hans Stürm |
Ton | Beatrice Michel Leuthold |
Musik | Kurdische Volksmusik |
Schnitt | Hans Stürm, Beatrice Michel Leuthold |
Produktion | Filmkollektiv Zürich |
Auszeichnungen | Besondere Auszeichnung beim XV. Fernsehworkshop Entwicklungspolitik 1994 |
Genre | Dokumentarfilm |