Die Themen: UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung
Das Nationalkomitee der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung hat für die kommenden Jahre der Dekade Jahresthemen festgelegt. Das Ziel der Jahresthemen ist es unter anderem, die Anliegen der BNE besser kommunizierbar zu machen.
2007 wurde Kulturelle Vielfalt als Jahresthema festgelegt. Damit soll der Bedeutung, die Kulturelle Vielfalt für jede Form menschlichen Miteinanders hat, angemessene Bedeutung verliehen werden. Eine Filmauswahl – die immer ergänzt und um neue Aspekte erweitert wird – möchte Ihnen Anregungen bieten, sich über das Medium Film mit dem Thema Kulturelle Vielfalt auseinander zu setzen, und das vielleicht rund um den „Tag der kulturellen Vielfalt“ am 21. Mai
Die UNESCO und die Kulturelle Vielfalt
Unter dem Vorsitz des ehemaligen UN-Generalsekretärs Javier Pérez de Cuéllar erarbeitete die Weltkommission „Kultur und Entwicklung“ den Bericht „Our Creative Diversity“ („Unsere kreative Vielfalt“), der 1995 den Vereinten Nationen vorgelegt wurde. Darin geht es um die Möglichkeiten, Grenzen und Probleme der Kultur für die globale Entwicklung. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass kulturelle Vielfalt Grundlage jeder menschlichen Entwicklung ist, Entwicklung somit in ihrem kulturellen Kontext betrachtet werden muss, dessen Rolle deutlich gestärkt werden muss. Die Weltkommission „Kultur und Entwicklung“ fordert daher eine friedens-, entwicklungs- und sozialpolitische Orientierung der Kulturpolitik. Statt durch Betonung nationaler oder ethnischer Besonderheiten die wachsende Zahl innerstaatlicher Konflikte anzuheizen, soll Kulturpolitik auf Vielfalt und Austausch – national wie international – setzen.
Im November 2001 hat die UNESCO-Generalkonferenz die Allgemeine Erklärung zur kulturellen Vielfalt verabschiedet. Dort heißt es: „Kulturelle Vielfalt spiegelt sich wider in der Einzigartigkeit und Vielfalt der Identitäten, die die Gruppen und Gesellschaften kennzeichnen, aus denen die Menschheit besteht. Als Quelle des Austauschs, der Erneuerung und der Kreativität ist kulturelle Vielfalt für die Menschheit ebenso wichtig wie die biologische Vielfalt für die Natur. Aus dieser Sicht stellt sie das gemeinsame Erbe der Menschheit dar und sollte zum Nutzen gegenwärtiger und künftiger Generationen anerkannt und bekräftigt werden.“
Das UNESCO-Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen trat am 18. März 2007 in Kraft, Deutschland hat das Übereinkommen am 12. März ratifiziert. Das Übereinkommen schafft eine verbindliche Grundlage zur Stärkung der kulturellen Vielfalt weltweit. Kernstück des Übereinkommens ist das Recht eines jeden Staates, regulatorische und finanzielle Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen zu schützen und zu fördern. Öffentliche Kulturförderung erhält so gegenüber drohenden wettbewerbsrechtlichen Einschränkungen eine neue Legitimität. (Weitere Informationen: www.unesco.de)
Filme aus Afrika
Kulturelle Vielfalt bedeutet auch, die Unterschiedlichkeit der Kulturen anzuerkennen und wahrzunehmen. Filme bieten ein Fenster zur Welt, das ungewohnte Ausblicke eröffnet und uns Lebensgeschichten aus anderer Perspektive erzählt. So geraten andere Themen ins Blickfeld, werden verborgene Dinge hervorgehoben, neue Lösungen für Konflikte und Probleme vorgeschlagen, die sich unserem Blick bislang entzogen haben. Afrikanische Filmemacherinnen und Filmemacher erzählen Geschichten aus ihren Ländern und bieten Innenansichten an, die Entdeckungen versprechen.
Ousmane Sembène, der im Juni 2007 verstarb, war der Altmeister des afrikanischen Kinos. Immer wieder machte er in seinem Werk auf die Missstände in seiner Gesellschaft, dem Senegal, aufmerksam. Er schuf, im besten Sinnes des Wortes, ein populäres Kino, das unterhalten und erziehen will. Der Xala, der Fluch, der den gutsituierten Geschäftsmann in Dakar trifft, als er seine dritte junge Frau heiratet, wird in dem gleichnamigen Film aus dem Jahr 1974 auch zur Anklage gegen die korrupte Elite des postkolonialen Landes.
In Molaadé, seinem letzten Spielfilm, den er 30 Jahre später dreht, nimmt er die Tradition der Beschneidung von Mädchen aufs Korn. In dem er die Molaadé, die traditionelle Zufluchtstätte für Verfolgte und Bedrohte ins Spiel bringt, die auch einigen Mädchen geboten wird, die vor der Beschneidung davon laufen, zeigt Sembène auf, dass es gute und schlechte Traditionen gibt, die einer unterschiedlichen Beurteilung bedürfen und für die Zukunft nutzbar gemacht werden können.
Safi Faye, ebenfalls aus dem Senegal, erzählt von Mossane, einem Mädchen, dass sich der Tradition widersetzt und nicht den heiraten will, der für sie vorgesehen ist. Auch sie appelliert an die jungen Leute, sich den Traditionen dann zu widersetzen, wenn sie falsch und scheinheilig sind.
Auf die Traditionen bezieht sich auch Idrissou Ouedraogo in seinem Spielfilm Yaaba – die Großmutter, denn sie sollen bei der Beurteilung eines Menschen keine Rolle spielen. So wird eine alte Frau, die als Hexe aus dem Dorf ausgestoßene wurde, aber für den Jungen Bila einfach nur die Großmutter ist, schließlich durch dessen Zuneigung rehabilitiert.
Der äthiopische Filmemacher Haile Gerima hat sich in seinem Film Sankofa eines historischen Themas angenommen, wenn er die Verschleppung von Sklaven aus Afrika in die Zuckerplantagen der Karibik thematisiert, dem er aber einen sehr aktuellen Bezug gibt. Denn Sankofa bedeutet in der Sprache der Akan soviel wie: wir müssen zurückschauen, damit wir vorwärts gehen können.
In seinem Film Adua – ein afrikanischer Sieg greift er ein zumeist unbeachtetes Ereignis aus der afrikanischen Kolonialgeschichte auf: In Adua besiegte die äthiopische Armee die italienische Kolonialisten, ein Sieg Davids gegen Goliath, der sich bis heute tief in das nationale Gedächtnis Äthiopiens eingeprägt hat.
Die Filme, die César und Marie-Clémence Paes in Madagaskar gemacht haben, stellen die Kulturen der Insel in ihrem alltäglichen Ausdruck in den Mittelpunkt. Angano … Angano … Geschichten aus Madagaskar beschreibt den Alltag in Madagaskar anhand der Geschichten, Mythen und Legenden, die Alltag und Kultur der Menschen prägen.
In ihrem Dokumentarfilm Mahaleo – das heißt Freiheit auf malgache – folgen sie der gleichnamigen Musikgruppe, die seit 30 Jahren in ihren Liedern die Ereignisse in Madagaskar, Politik und Zeitgeschehen ebenso wie die einfachen Ereignisse des täglichen Lebens.
In seinen Geschichten von einfachen Leute erzählt der senegalesische Regisseur Djibril Diop Mambéty von Straßenkindern und Musikern, die kaum wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen. In dem Film Die kleine Verkäuferin der Sonne lernen wir Sili kennen, die mit ungheurem Mut und trotz ihrer Behinderung als Zeitungsverkäuferin ihren Weg macht. Und das auch ein Lottogewinn Gefahren bergen kann, die nicht unbedingt zu dem ersehnten Erfolg führen müssen, das muss der Musiker Marigo in dem Film Das Los leidvoll erfahren.
Arlit – das zweite Paris: der Dokumentarfilm von Idrissou Mora Kpai führt in die nigrische Wüstenstadt Arlit, einst Kapitale des Uranabbaus, heute Durchgangsstation für jene, die sich nach Norden aufmachen, um der Armut zu entkommen. Die Auswirkungen der Globalisierung bekommen hier Gesicht und Namen, Geschichten von Armut, Exil und Sehnsucht werden zu Schicksalen von Einzelnen, die sie erleben.
Über alle die hier vorgestellten Filme finden Sie nähere Informationen in der Datenbank. In ihrem Schwerpunkt Africome 2004-2006 hat die Bundeszentrale für politische Filme (bpb) zu einigen Filmen – z. B. Mossane, Yaaba und Sankofa – Filmhefte entwickelt, die ein gutes Angebot für die Beschäftigung mit den Filmen im Unterricht enthalten.
Filme aus Asien
Rithy Panh gehört zu den renommiertesten Regisseuren seines Landes. In seinen neuesten dokumentarischen Werken beschäftigt er sich eingehend mit der Aufarbeitung der Herrschaft der Roten Khmer, die von 1975 bis Ende der 80er Jahre Kambodscha einem Genozid aussetzten. Das Reisfeld, 1994 entstanden, befasst sich mit den Traditionen des Landes, indem der Jahreskreislauf einer Reisbauernfamilie, die Schwierigkeiten und Abhängigkeiten, aber auch die tiefe Verbundenheit mit der Natur und den Traditionen der bäuerlichen Gesellschaft geschildert wird. Er wolle, so Rithy Panh zu seinem Film, der Welt zurufen, dass dieses Land existiert, mit seiner Kultur, seinen Traditionen und seiner Sensibilität. Der Schweizer Filmemacher Pierre Alain Meier hat ein Making of gedreht, in dem die schwierigen und langwierigen Dreharbeiten in einem Land im Mittelpunkt stehen, in dem es keine Filmkultur gibt. Die Familie im Reisfeld beschreibt aber auch das wirkliche Leben der sieben Mädchen, die die Töchter der Bauernfamilie spielen und nach Jahrzehntes des Verbotes nun wieder Tanz in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh studieren dürfen.
Der Iran verfügt über eine ausgesprochen reiche Filmkultur, die über Protagonisten wie Abbas Kiarostami und Mohsen Makhmalbaf weit über die Grenzen hinaus Berühmtheit erlangt hat. Im Mittelpunkt der Geschichten stehen häufig Kinder, über deren Schicksal die Gegenwart des Iran und das Schicksal der „kleinen“ Leute thematisiert wird. Auch Bahram Berzaie gehört zu den bedeutenden Filmschaffenden des Iran und auch in seinem Film steht ein Kind im Mittelpunkt: Bashu, der kleine Fremde thematisiert über die Geschichte des Flüchtlingsjungen Bashu ein Kapitel aus dem irakisch-iranischen Krieg. Auch Der Läufer von Amir Naderi (1984), der von dem Straßenjungen Amiro erzählt, der sich entscheidet zur Schule zu gehen, ist eines dieser beeindruckenden Werke. Wo ist das Haus meines Freundes? von Abbas Kiarostami wiederum gehört als ein Film des 35 Filme umfassenden Filmkanons – zusammengestellt von einer Expertenkommission der Bundeszentrale für politische Bildung – zu einem Muss der Filmkultur.
Die Frage nach dem Glück stellt der Dokumentarfilmemacher Shaheen Dill-Riaz in seinem Film Die glücklichsten Menschen der Welt den Bewohnern seiner Heimatstadt Dhaka in Bangladesh. Dabei entsteht die sensible Beobachtung von Menschen und die Unterschiedlichen Lebensentwürfe, Möglichkeiten und Träume.
Auch in dem kurzen Dokumentarfilm der pakistanischen Filmemacherin Sabiha Sumar geht es um das Glück: in dem Film Frag‘ nicht warum geht es der 17jährigen Anoushe darum Antworten zu finden wie sie die Traditionen und Lebensentwürfe der Familie mit ihren Vorstellungen von der Zukunft zusammenbringen kann.
Indien ist ein ganzer Filmkontinent für sich, der neben dem auch hierzualnde immer populärer werdenden farbenfrohen Bollywood-Kino auch viele Formen des Autorenkinos hervorgebracht hat. Die in den USA lebende Filmemacherin Mira Nair setzt sich in ihrem Film Saalam Bombay in fast halbdokumentarischer Weise mit den Ausgestoßenen der Gesellschaft – mit Straßenkindern und Prostitutierten – auseinander und gibt ihnen so Gesicht und Stimme. Ihr neuester Film Namesake ist übrigens auch in deutschen Kinos angelaufen. Vision Kino hat ihn zum Film des Monats 6/2007 erklärt. Weiterführende Informationen und ein Interview mit der Regisseurin über ihren Film, der die Geschichte einer indischen Familie´, die in der ersten und zwieten generation in den USA lebt, erzählt, findet sich unter www.kinofenster.de.
Der Kurzspielfilm Lost and Found – die verlorene Brieftasche des indischen Regisseurs Kaizad Gustad eignet sich für Kinder ab 8 Jahren. Die verworrene Geschichte darum, ein ehrlicher Finder zu sein, ist auch Teil der DVD Kinderwelt-Weltkinder und dort mit interessanten Materialien für den Einsatz im Unterricht versehen.
Die Geschichte der Quiuju des renommierten chinesischen Filmemachers Zhang Yimou verfolgt die gerechtigkeitsliebende Bäuerin vom Lande in die Stadt. Vertiefendes Material zu dem beeindruckenden Spielfilm wurde vom EZEF zusammengestellt und findet sich in der Datenbank.
Der tibetische Filmemacher Khyentse Norbu hat das Fußballfieber in ein tibetisch-buddhistisches Kloster gebracht Spiel der Götter ist eine wunderbare Parabel darauf, wie weltliche und himmlische Erwartungen und Regeln trotz aller Widersprüche dennoch zusammengehören.
Nähere Informationen und ausführliche Filmbeschreibungen zu allen Filmen finden Sie in der Datenbank. Unter dem Stichwort Asien finden Sie auch weitere Filme, die sich dem vielfältigen Kontinent unter unterschiedlichen Gesichtspunkten auseinander setzen.
Filme aus Lateinamerika
Die Filme von Jorge Sanjínes stellen die Menschen in den Anden Boliviens ins in beeindruckender Weise in den Mittelpunkt. Seine Filme stellen einen ungeahnten Zugang zu den Lebensformen, Denkweisen und Traditionen dar. Angefangen mit seinem ersten Spielfilm Ukamau (1966), in dem die Rache eines jungen Indio, dessen Frau von einem Mestizen vergewaltigt wurde, geht, über Das Blut des Condors (1969), eine Anklage an die Zwangssterilisierung von Indigenas durch so genannte Entwicklungshilfeorganisationen bis zu Die geheime Nation (1989) und Das Lied der Vögel (1995) wird die tiefe Verbundenheit der Indigenas zu ihrem Land, die Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne, aber auch die Zukunft, die in der Besinnung auf die eigenen Werte liegt, beschrieben.
Fernando Solanas gilt als einer der wichtigsten Filmemacher Lateinamerikas. In seinem Film „La hora des los hornos“ („Die Stunde der Hochöfen“ von 1968) setzte er ein Zeichen gegen die Diktatur in Argentinien. Auch in seinem letzten Film widmete der sich der politischen Lage in seiner Heimat. Die Wirtschaftskrise Argentiniens steht im Mittelpunkt seines Films Chronik einer Plünderung, einer schonungslose Abrechnung mit der maroden Wirtschaft seiner Heimat, die für die Mehrzahl der Bevölkerung in die die Katastrophe führt. Dabei gelingt ihm ein äußerst informativer Filmessay, der der Komplexität und historischen Dimension seines Themas gerecht wird und auch für Nicht-Wirtschaftswissenschaftler nachvollziehbar macht.
Die Wirtschaftskrise, die Argentinien 2001 erschütterte, schwingt auch in dem Film der argentinischen Filmemacherin Gabriela David mit. Die Personen, die sich in ihrem Film Taxi, eine Nacht in Buenos Aires treffen, sind auf die ein oder andere Weise selbst Opfer der Krise geworden.
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