Deutscher Entwicklungstag 2013

Am 25. Mai 2013 wird erstmalig der Deutsche Entwicklungstag 2013 veranstaltet. Der bundesweite Aktionstag will bürgerschaftliches und kommunales Engagement im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit präsentieren und einer großen Öffentlichkeit näher bringen. In 16 deutschen Städten – eine Stadt je Bundesland – stellen Organisationen, Verbände und Initiativen ihre entwicklungsbezogenen Projekte vor.

Ziel ist:
die Vielfalt des Engagements in Deutschland zu zeigen;
mehr Menschen für Engagement zu begeistern;
ein positives, partnerschaftliches und modernes Bild der Entwicklungszusammenarbeit zu vermitteln.

Engagement Global – Service für Entwicklungsinitiativen – führt die Veranstaltung im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung durch.

Thematischer Schwerpunkt ist in diesem Jahr der afrikanische Kontinent, da am 25. Mai 2013 auch der 50. Jahrestag der Gründung der Afrikanischen Union (frühere Organisation für Afrikanische Einheit) begangen wird. Daher sind auch zahlreiche Akteure aus Afrika dazu aufgerufen, das Programm mitzugestalten. Der Deutsche Entwicklungstag soll einer großen Öffentlichkeit in Deutschland eine neue Sicht auf Afrika sowie seine Menschen und Themen bieten – fernab von gängigen Stereotypen und Eindrücken.

Dies möchten wir aufgreifen und einige Filme vorstellen, in deren Mittelpunkt Afrikanerinnen und Afrikaner stehen, die durch ihre Tatkraft und ihr Engagement die Zivilgesellschaft in afrikanischen Ländern stärken – und dies oftmals unter äußerst widrigen Umständen.

Die Richterin Beatrice Ntuba und die Staatsanwältin Vera Ngassa arbeiten in Kumba, einem kleinen Ort im Südwesten Kameruns. Sie begreifen sich als Anwältinnen von Frauen, die Opfer von Gewalttaten wurden. Der Film Sisters in Law von Kim Longinotto ist ein Plädoyer für Gerechtigkeit und zugleich Dokument rechtsstaatlicher Errungenschaften. Er macht deutlich, wie durch das Engagement dieser mutigen Frauen – gepaart mit Zivilcourage und Idealismus – den Betroffenen konkrete Hilfe angeboten wird. Vera Nkwate Ngassa ist Vorsitzende Richterin des Obersten Zivilgerichts in Kamerun und Professorin an der Universität von Buea, wo sie Frauen- und Genderstudies lehrt. Sie ist Mitglied der Commonwealth Vereinigung von Richtern und Amtsrichtern und der FIDA (Internationale Föderation der Rechtsanwältinnen), die einen Beiratssitz bei den Vereinten Nationen hat, und ist in der staatlichen Alphabetisierung für Frauen und der Ausbildung von Juristen aktiv. Vera Ngassa ist verheiratet und hat fünf Kinder, von denen zwei adoptiert sind. Beatrice Nambangi Ntuba ist sowohl als Richterin als auch als Staatsanwältin ausgebildet. Sie arbeitete sieben Jahre als Bezirks-Staatsanwältin und danach als Vorsitzende Richterin des Landgerichts in Kumba. Sie ist ebenfalls Mitglied der FIDA. Ihr juristischer Fokus sind Gleichstellungsprobleme, häusliche Gewalt und Kindesmisshandlung. Sie ist derzeit Vorsitzende Richterin des Landgerichts der Stadt Muyuka, wo sie mit ihrem Mann, Dr. Thompson Ntuba, lebt.

Bedeutende Frauen sind auch die Kenianerin Wangari Maathai und die aus Liberia stammende Leymah Gbowee, die beide für ihr bürgerschaftliches Engagement mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden. Die beiden Filme Wangari Maathai – Mutter der Bäume von Lisa Merton und Alan Dater und Zur Hölle mit dem Teufel – Frauen für ein freies Liberia von Tini Reticker wurden in Themenschwerpunkt Afrika vorgestellt. Sie haben Bewegungen gegründet, die sich – wie am Beispiel Kenias gezeigt wird – sich der Wiederaufforstung verschrieben haben und damit einen unschätzbaren Beitrag zum Umweltschutz leisten. In Liberia haben Frauen unterschiedlicher Konfessionen ihre Kräfte zusammengeschlossen, um sich friedlich gegen die unhaltbare Herrschaft des Diktators Charles Taylor zur Wehr zu setzten – und dies unter Einsatz ihrer eigenen Leben.

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Victor Nzuzi, Koordinator der NGO „Neue Entwicklungsalternativen“ im Kongo, beschreibt in dem Film Der  Preis der Schulden von Jean-Pierre Carlon bildhaft die verheerenden Folgen des neuen Wirtschaftskolonialismus auf afrikanische Länder. So wie er setzten sich afrikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit den Folgen der Maßnahmen internationaler Organisationen auseinander, um Alternativen aufzuzeigen und den Menschen, um die es geht, Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen.

Dass auch kleine Initiativen viel bewirken können wird in dem Film Trash is Cash deutlich, der ein Recycling-Projekt in einem Slum der nigerianischen Hauptstadt Nairobi vorstellt. Dort haben die jungen Menschen nicht nur die Möglichkeit, Geld zu verdienen, sondern erfahren eine Menge über Müllvermeidung und Umweltschutz.

In Nairobi haben der Regisseur Tom Tykwer und Marie Steinmann auch ihr Projekt One Fine Day Films gegründet. Ziel des Vereins ist es, jungen Menschen das Filmemachen beizubringen, damit sie ihre eigene Sicht der Dinge zeigen und das gemeinhin gängige Afrikabild durch andere Ansichten zu ersetzen – oder bereichern können. Drei Filme sind in den außergewöhnlichen Filmworkshops, die das Projekt in den letzten Jahren durchführte, mittlerweile entstanden. In Soul Boy begibt sich der 14jährige Abila auf die Suche nach Heilung für seinen Vater auf den Pfad zwischen Tradition und Moderne. Der Film von Hawa Essuman steht auch für die Bildungsarbeit zur Verfügung. Im deutschen Kino zu sehen waren auch Nairobi Half Life von David Gitonga, der Mwa durch die Straßen Nairobis auf seinem mühsamen Weg begleitet, sich den Traum, Schauspieler zu werden, zu erfüllen.  Der letzte Film, Something Necessary von Judy Kibinge erzählt die Geschichte einer Frau vor dem Hintergrund der Unruhen anlässlich er letzten Präsidentschaftswahlen in Kenia 2008.

Die unschätzbare Wert zivilgesellschaftlichen Engagements wird auch in dem beeindruckenden Film Die Kämpfer des Dorfes Qiugang deutlich. Darin begleitet die Filmemacherin Ruby Yang den Widerstand der Bewohner eines Dorfes in der zentralchinesischen Provinz Anhui gegen eine Chemiefabrik, die zunehmen das Überleben der Gemeinde gefährdet. Im Mittelpunkt steht Zhang Gongli, der unbeirrt für sein Recht eintritt und sich auch durch Bedrohungen nicht hat einschüchtern lassen. Zhang Gongli  hat im Verlauf der Auseinandersetzungen auch eine erstaunliche „Bildungskarriere“ gemacht. Um sich wehren zu können lernte er lesen und schreiben, denn nur so konnte er seine Rechte überhaupt kennen lernen – und ihre Einhaltung einfordern. Mittlerweile beruft sich Zhang Gongli in seinen Schreiben an die verschiedenen Behörden sowohl auf Gesetze und Verordnungen, als auch auf Reden und Publikationen teils hoher Funktionäre – eine listige Strategie, der die Parteikader auf unterer Ebene nicht einfach mit Nichtstun begegnen können. Obwohl der Widerstand des Bauern Zang Gongli angesichts der immensen Umweltzerstörung, die in China im Namen des Fortschritts betrieben wird, wie der Tropfen auf den heißen Stein wirkt, ist sein Einsatz ein wichtiges Signal im Prozess einer sich allmählich formierenden Zivilgesellschaft.

Raising Resistance – der Titel des Films von Bettina Borgfeld und David Bernet spielt einerseits auf die wachsenden  Resistenzen gentechnisch veränderten Sojas gegen Pestizideinsatz an, meint aber auch den sich entwickelnden raising-resistanceWiderstand der paraguayischen Kleinbauern gegen den Ausverkauf ihres Landes. In den letzten 20 Jahren ist Paraguay zum viertgrößten Exporteur gentechnisch veränderten Sojas geworden. Dabei wurden nicht nur große Waldgebiete vernichtet und die Existenz der Kleinbauern zunehmend in Frage gestellt, der Anbau des Gen-Sojas erfordert auch einen hohen Einsatz an Herbiziden, die nicht nur die Natur zerstören, sondern auch massive Auswirkungen auf die Gesundheit der Bewohner haben. Der Kleinbauer Gerónimo Arevelo und seine Nachbarn wollen dies nicht länger hinnehmen. Mit Demonstrationen und Landbesetzungen kämpfen sie um die Erhaltung der Lebensgrundlage für sich und ihre Familien. Dabei ist der Konflikt mit Soja-Großbauern, Gentechnikern, Saatgutherstellern und Aktienanlegern vorprogrammiert. Der Film zeigt die verschiedenen Perspektiven des Soja-Konfliktes auf, lässt die Zuschauer die Auseinandersetzungen vor Ort und den Kampf der Kleinbauern um ihre Existenz hautnah miterleben. Neben den Campesinos kommen auch einige Soja-Großbauern zu Wort, unter ihnen einige Brasilianer, die teils schon seit Jahrzehnten in Paraguay leben. Produziert wird das Soja vor allem für die Tiermast in Europa, aber auch einigen asiatischen Länder. Der Druck zur Gewinnmaximierung in der Agrarwirtschaft ist mittlerweile so groß, dass auf die Interessen der Kleinbauern keine Rücksicht mehr genommen wird. Sie sind zunehmend die Opfer einer globalisierten Wirtschaft.

Dass jeder tagtäglich einen Beitrag zu einer fairer gestalteten Weltwirtschaft leisten kann, zeigt der Film Um fair zu sein von Andreas Grube. 180 Millionen Euro geben Menschen täglich für Kaffee aus. Ausgehend vom Konsumenten macht sich der Film auf den Weg zum Beginn der Produktionskette und will genau wissen, wie viel die Kaffeebauern an der Produktion verdienen und was dies für ihr Leben bedeutet.  So liegt der Fokus immer auf der Situation der Produzentinnen und Produzenten in den Ländern des Südens – verliert aber gleichzeitig die Verantwortung der Konsumenten in den Industrieländern nicht aus dem Blick. Der Film ist Teil der DVD Unterwegs in die Zukunft, die auch anhand anderer Beispiel aufzeigt, wie Menschen durch ihr Engagement solidarisch handeln und die Umwelt schützen können.,

Auf den hohen Wert solidarischen Handelns geht auch der kurze Film von David Olmos ein. Ausgezeichnete Solidarität, so der Titel des Films, in dem an Beispielen aus Kolumbien, China, Israel/Palästina und Burundi Menschen vorgestellt werden, die sich mit großem Mut und oft unter Gefährdung des eigenen Lebens gegen Gewalt und Ungerechtigkeit und für Freiheit und Menschenrechte einsetzen. Für dieses Engagement erhielten sie den Bremer Solidaritätspreis.

Nähere Informationen zu den hier vorgestellten Filmen finden Sie auch in der Datenbank.

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