Postwachstum: Wie wollen wir leben?

Nach der Studie „Die Grenzen des Wachstum“, vom Club of Rome 1972 veröffentlicht, in der erstmals umfassend auf die Gefahren unbegrenzten Wachstums für Umwelt und Gesellschaft eingegangen wird, sind heute als „Postwachstum / Degrowth“ neue gesellschaftliche Strömungen entstanden, die mit einer Reduzierung des Konsumniveaus nicht nur eine ökologische und sozial gerechtere Gesellschaft meinen, sondern auch das integriert wissen wollen, was als „Das gute Leben“ bezeichnet wird. In der neuen Verfassung Boliviens ist das Konzept des „Vivir bien“, des Guten Lebens, schon eingegangen. Gemeint ist damit, dem gängigen Wachstumsparadigma eine Entwicklung in Einklang mit der Natur entgegenzustellen. Doch wie kann das umgesetzt werden, welche Ansätze gibt es?

La Buena Vida – Das Gute Leben (Deutschland, Schweiz, Kolumbien 2015, 94 Min.), so der Titel des Films von Jens Schanze, der gerade im Kino gestartet ist und noch in einigen Programmen zu finden ist. Jens Schanze, der vor Jahren labuenavidazweizwei Filme über Dorfumsiedlungen im rheinischen Braunkohlerevier gedreht hatte, folgt mit seinem neuen Dokumentarfilm den Spuren deutscher Kohleimporte nach Kolumbien. Im nördlichen Kolumbien liegt die größte Kohlemine der Welt. Ungefähr ein Drittel der in „El Cerrejón“ im Tagebau geförderten Steinkohle wird nach Deutschland exportiert, wo die Förderung in wenigen Jahren ganz eingestellt werden soll.
Deshalb stehen die Konflikte um die Landnutzungsrechte der indigenen Bevölkerung des Dorfes Tamaquito auch in direktem Zusammenhang mit der hiesigen Energiepolitik. Denn dieses Dorf steht dem weiteren Kohleabbau im Weg und soll deshalb umgesiedelt werden. Doch anders als andere Dörfer hält die Wayúu-Gemeinschaft unter der Führung von Jairo Fuentes zusammen und versucht, wenigstens halbwegs akzeptable Bedingungen für die Umsiedlung zu verhandeln. Denn was ihnen die Mine, die zu den größten Bergbaukonzernen der Welt gehört, als Verbesserung ihres Lebens verspricht, hat mit dem selbstbestimmten ‚guten Leben‘, das sie bisher im Einklang mit der Natur führen konnten, nicht mehr viel zu tun. Nach der Kinoauswertung steht der Film auch für die Bildungsarbeit zur Verfügung. Weitere Informationen unter www.dasguteleben-film.de

In ihrem Film Weniger ist mehr – Die Grenzen des Wachstums und das bessere Leben (Deutschland 2013, 52 Min.) beschäftigt sich Karin de Miguel Wessendorf mit der Frage: Was muss ich ändern, damit mein Lebensstil zukunftsfähig ist? Und worauf kann ich verzichten ohne Verlust an Lebensqualität? Die Regisseurin begibt sich auf eine Reise durch Europa und besucht Menschen, Intitiativen und Unternehmen die erkannt haben, dass Wirtschaftswachstum nicht das Maß aller Dinge sein kann. Auf der Suche nach ihrem ökologischen Fußabdruck stellt die Autorin fest, dass die Suche nach einem nachhaltigen Lebensstil nicht unbedingt Verzicht bedeuten muss, in vielen Fällen ist es sogar ein Gewinn an Lebensqualität. Weitere Informationen und Bezugsmöglichkeiten unter www.filmsortiment.de

In seinem Film 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt? (Deutschland, Malawai, USA, Japan, Thailand, Indien, Mosambik 2014, 100 Min.) stellt Regisseur Valentin Thurn die Frage, wo die Nahrung herkommen soll, die jeder zehnmilliardenEinzelne täglich zum Überleben benötigt, und von der bereits heute jeder Sechste zu wenig hat. Wie können wir verhindern, dass die Menschheit allein durch ihr Wachstum die Grundlage für ihre Ernährung zerstört? Der Film startet am 16.04.2015 im Kino. Valentin Thurn hat mit seinem letzten Film Taste the Waste, der in einer gekürzten Fassung unter dem Titel Essen im Eimer für die Bildungsarbeit zur Verfügung steht, gezeigt, welche immensen Mengen an Lebensmitteln ungenutzt auf dem Müll landen. Am Ende des Films stehen innovative Ansätze für die Ernährungssicherung auf lokaler oder regionaler Ebene. Sie alle offenbaren, welch enormen Einfluss Verbraucherinnen und Verbraucher haben und dass jeder aktiv mitentscheiden kann, welcher Weg zukünftig die Landwirtschaft dominiert. Das Welthaus Bielefeld hat eine Arbeitshilfe zum Film herausgegeben, die zum download zur Verfügung steht www.welthaus.de

Auf die Möglichkeiten, die jeder Einzelne bei der Gestaltung eines „Guten Lebens“ hat, zeigt Bertram Verhaag, der mit seiner Produktion Denkmal-Film in vielen Filmen Themen wie Ökologie und Umweltschutz bearbeitete, in seinem neuen DuchyHomeFarmFilm eine ganz andere Perspektive auf.In seinem Film Der Bauer und sein Prinz (Deutschland 2014, 82 Min.) stellt er die südenglische Duchy Home Farm vor, die Prinz Charles und sein Verwalter David Wilson systematisch unter nachhaltigen Aspekten bewirtschaften. Die einmalige Zusammenarbeit der Beiden beweist mit eindrücklichen Bildern, wie ökologische Landwirtschaft funktioniert und welcher Nutzen und welche Heilkraft von ihr ausgehen. Den beiden ist durch praktische Beispiele gelungen Bauern zu überzeugen, ihr Land im Einklang mit der Natur und ohne Gifte zu bewirtschaften. Neben Prinz Charles und David Wilson kommen im Film auch die indische Wissenschaftlerin und Aktivistin Vandana Shiva und Auma Obama, die sich mit ihrer Arbeit für die Stifung Care und Suti Kuu in Kenia für Umweltfragen einsetzt. Weitere Informationen unter: www.derbauerundseinprinz.de

Der Begriff des Bruttosozialglücks hat das kleine abgeschiedene Land Bhutan in die Weltpresse gehoben. Was hat es mit dem Versuch des Glücksministeriums auf sich, den Lebensstandard in breit gestreuter, humanistischer und HappinessVier100_v-ARDFotogaleriepsychologischer Weise zu definieren und somit dem herkömmlichen Bruttonationaleinkommen, einem ausschließlich durch Geldflüsse bestimmten Maß, einen ganzheitlicheren Bezugsrahmen gegenüberzustellen? Dem geht der französische Filmemacher Thomas Balmès in seinem Film Happiness nach (2014, 80 Min.) Die WDR/Arte-Coproduktion, die bislang auch nur im Fernsehen zu sehen war, erzählt von Peyangki, einem achtjähriger Mönch aus Laya, der in einem einsamen Dorf hoch oben im Himalaya wohnt. Doch plötzlich klopft die große weite Welt bei ihm an: Sein Dorf soll an die Stromversorgung angeschlossen werden. Und schon bald flimmern die ersten Fernsehbilder vor Peyangkis Auge. 1999 hielt der bhutanische König Jigme Singye Wangchuck eine berühmte Rede, in der er die Nutzung von Fernsehen und Internet in seinem Land nicht nur billigte, sondern als den Beginn einer neuen Ära pries. Gleichzeitig warnte er jedoch die Jugend mit den Worten „Fernsehen und Internet haben Inhalte, die zugleich schädlich und nützlich für euch und euer Land sein können. Daher seid vorsichtig und wählerisch bei der Benutzung dieser neuen Ressourcen.“ Thomas Balmès fängt mit seinen Bildern die Momente ein in denen die traditionellen Lebensweisen beginnen, sich unwiderruflich durch die Verführungskünste der Technologie aufzulösen.

Dass wir etwas tun können und unser Verhalten als KonsumentInnen gefragt ist, zeigt auch der Umgang mit den neuen Technologien. Computer und Smartphones bestimmen wie kaum ein anderes technisches Gerät unseren Alltag. Dass sklavenarbeitdarin seltene Erden enthalten sind, die oftmals aus Konfliktregionen kommen, wird in dem Film Sklavenarbeit für unseren Fortschritt verdeutlicht. Dass ein fair gehandeltes Handy Möglichkeiten für faire Arbeitsbedingungen – in China zum Beispiel – eröffnet, das zeigt der kurze Beitrag Handy für das gute Öko-Gewissen. Beide Filme sind Teil der DVD Digital – Mobil – und Fair?, die das Zentrum für entwicklungsbezogene Bildung (ZEB) zusammen mit EZEF herausgegeben hat. Die DVD unterstützt damit auch die Handy-Aktion „Fragen, Durchblicken, Handeln“, die vom ZEB initiierte wurde und Jugendliche für einen verantwortlichen Umgang mit Handys sensibilisieren will.

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