Krieg und Gewalt (SDG 16)

Von Kriegen, Bürgerkriegen und asymmetrischen Konflikten sind Kinder am meisten betroffen. Obwohl der Einsatz von Kindersoldaten völkerrechtlich verboten ist, sind schätzungsweise weltweit bis zu 250.000 Minderjährige als Soldatinnen und Soldaten oder Helferinnen und Helfer an bewaffneten Konflikten beteiligt. https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/285286/kindersoldaten

Sie sind nicht nur vom Tod und körperlichen Verletzungen bedroht, sondern erleiden vielfache psychische Belastungen und Schäden, für deren Heilung kaum Aufmerksamkeit und Unterstützung aufgebracht werden.

Davon berichtet Alice Schmid eindrücklich in ihrem Film „Ich habe getötet“ Schweiz 1999, 25 Min.), in dem ehemalige KindersoldatInnen aus Liberia zu Wort kommen. In einer Radiosendung versuchen sie, das unaussprechliche in Worte zu fassen, unter dem sie seit Jahren leiden. Dass sie gezwungen wurden zu töten, um selbst zu überleben.

Ali Samadi Ahadi und Oliver Stoltz nähern sich in ihrem Dokumentarfilm „Lost Children“ (Deutschland 2005, 96 Min.) dem Schicksal von Kindern an, die von Mitgliedern der fanatisch-religiösen Lord’s Resistance Army (LRA) im Norden Ugandas entführt und zum Töten gezwungen waren. Die Kinder, schwer traumatisiert, sind Opfer und Täter zugleich. Begleitet werden vier Kindersoldaten zwischen acht und 14 Jahren, denen die Flucht aus den Buschlagern der Rebellen gelungen ist, bei der schwierigen Wiedereingliederung in die Gesellschaften. Unterstützt von einheimischen SozialarbeiterInnen, die jeden Tag ihr Leben in der Hoffnung riskieren, dass ihre Arbeit ein Stück zum Frieden in Uganda beitragen kann, versuchen die Kinder ihren Platz im Leben wiederzufinden. Im Mai 2021 verurteilte der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Dominic Ongwen, Kommandeur der berüchtigten ugandischen Miliz Lord’s Resistance Army wegen Mordes, Verstümmelungen, sexueller Gewalt und des Einsatzes von Kindersoldaten zu 25 Jahren Haft.

Auch Agel Ringa Machar war als Kindersoldat im Südsudan rekrutiert worden, bevor er fliehen und nach Südafrika gehen konnte. Nach der Unabhängigkeit. Als das Land 2011 unabhängig wurde, wollte er den Wiederaufbau unterstützen und kehrte mit Entwicklungshilfeprojekten und als Trainer des jungen Basketball-Nationalteams zurück. Florian Schewe und Katharina von Schroeder begleiten ihn in ihrem Film „Wir waren Rebellen“ (Deutschland 2013, 93 Min.) zwei Jahre lang auf dem schwierigen Weg des Friedens. Doch als sich die Situation zuspitzt und die Unabhängigkeit gefährdet ist, greift auch Agel wieder zur Waffe.

Die Verletzungen prägen ihr ganzes Leben. Arlette war fünf, als sie im Bürgerkrieg in der Zentralafrikanischen Republik von einer Kugel getroffen wurde. Mit fünfzehn erhielt sie die Chance. Aufmerksam geworden durch den Film „Carte Blanche“ von Heidi Specogna, in dem die Filmemacherin die Arbeit des Internationalen Gerichtshof in dem von Konflikten geschädigten Land beobachtet, und in dem das kleine vor Schmerz schreiende Mädchen in einem Hof von ihrer Mutter behandelt wird, erklärt sich eine Familie bereit, die Behandlungskosten für den mittlerweile fünfzehnjährigen Teenager zu übernehmen.

Florian Hofmann begleitet sie in seinem Film „Arlette, Mut ist ein Muskel“ (Schweiz 2015, 53 Min.) auf ihrer ersten Reise außerhalb des Stadtteils in dem sie lebt und auf dem Weg zur Heilung. Die körperlichen Schmerzen können schnell überwunden werden. Angst und Sorge um die Familie bleiben.

Der Bürgerkrieg in der Zentralafrikanischen Republik ist auch Thema des Films „Cahier Africain“ (Deutschland, Schweiz 2016, 119 Min.) in dem Heidi Specogna drei Frauenleben im Krieg begleitet und in einem ruhigen Portrait zusammenführt. Das titelgebende Heft, das dem Internationalen Gerichtshof vorliegt, sind die Zeugenaussagen von 300 Frauen aufgenommen, die unter dem Krieg zum Teil extreme Situationen erleiden mussten. Amzine ist eine von ihnen. Sie hat als Folge der Vergewaltigungen ein Kind zur Welt gebracht. Der Blick auf ihre heute zwölfjährige Tochter Fane erinnert sie täglich an das dem Heft anvertraute Leid. Arlette ist nach ihrer Operation in Berlin schmerzfrei. Doch während in Den Haag noch die juristische Aufarbeitung der letzten Kriegsverbrechen in Gange ist, bricht in der Zentralafrikanischen Republik der nächste Krieg aus und stellt neue Herausforderungen an die Bewältigung des ohnehin schwierigen Alltags.

Um Kinder als Kriegsopfer geht es auch in dem kurzen Dokumentarfilm „Briefe an Erwachsene“ von Alice Schmid (Schweiz 1994, 53 Min.). Ria ist sechs Jahre und wünscht sich sehnlichst, Tänzerin zu werden. Doch in ihrem als Folgen des Krieges schwer verminten Heimatlandes Kambodscha, kann auch sie sich nicht schützen und verliert ein Bein. Sie ist untröstlich. Doch ihr Freund Wong, der als Zeitungsjunge etwas Geld verdient, ermutigt sie, ihre Geschichte in der Zeitung zu erzählen, die schließlich auch veröffentlicht werden. Der Film, der die Kriegsfolgen aus den Augen eines Kindes verfolgt, hat leider nichts an Aussagekraft und Dringlichkeit verloren.

Fatima und Jasmin leben mit ihren Familien in einem Flüchtlingslager im Tschad, nachdem sie vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat Darfur, im Westen des Sudan, geflohen waren. Susan Gluth beobachtet in ihrem Dokumentarfilm „Mit den Augen eines Flüchtlingskindes“ (Deutschland 2005, 59 Min.) die beiden zwölfjährigen Mädchen, die zusammen lernen, spielen und im Haushalt helfen. Manchmal erzählen sie von den Schrecken der Angriffe durch die berittenen Reiterhorden und die Angst, die sie noch immer begleitet.

Angst und Verzweiflung prägen auch das leben von Pero, die den Überfall von Islamisten auf ihr jesidisches Dorf zwar überlebt, jedoch verschleppt wird und erst Monate später tief traumatisiert zu ihrer Familie, die mittlerweile in einem Flüchtlingslager lebt, zurückkehrt. Hussein Hassans Spielfilm „Reseba – The Dark Wind“ (Autonome Region Kurdistan, Deutschland, Katar 2016, 89 Min.) stellt das Leiden und die Traumata des jesidischen Volkes ins Zentrum. Er zeigt in Gestalt von Pero und ihrem Verlobten Reko das Leid, aber auch die Notwendigkeit, einen neuen Weg in die Zukunft zu finden. Doch diese bleibt mehr als ungewiss. Der Film thematisiert die kaum vorstellbare Not von Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt in Kriegen werden – hier ist es die Aggression des sogenannten Islamischen Staates, der einen Genozid an den Jesiden plante. Aber die Botschaft des Films lässt sich auch auf andere Konflikte übertragen, sei es in Ruanda, im Jugoslawienkrieg, im Ost-Kongo oder in Myanmar.

Sechs junge Soldatinnen sprechen mit großer, oft schockierender Offenheit über ihre zweijährige Militärzeit, die sie im Gazastreifen, der Westbank und den Golanhöhen geleistet haben. Sie sprechen über die an Palästinensern verübten Grausamkeiten, die sie gesehen oder an denen sie beteiligt waren, über ihre moralischen Zweifel und über den rüden Umgang ihrer männlichen Kollegen mit ihnen als Frauen. Was sie erlebten, hat diese jungen Frauen zutiefst geprägt und verändert. „To see if I’m Smiling“, der Titel des Films von Tamar Yarom (Israel 2007, 60 Min.) greift die Sorge einer der Frauen auf, ob sie vielleicht selbst als herzloses Monster erkennen muss. Die Interviews machen deutlich, wie die tägliche, kriegerische Auseinandersetzung die Frauen auch Monate, Jahre später nicht loslässt. Die 2004 gegründete Organisation Breaking the Silence greift diese Ängste auf und gibt ihnen einen öffentlichen Raum, so wie er für viele Soldatinnen und Soldaten aus allen Kriegsgebieten vielleicht eine Chance öffnen könnte. https://www.breakingthesilence.org.il/

Kein Krieg ohne Waffen. Schon in seinen Dokumentarfilme „Fern vom Krieg“ und „Südfrüchte aus Oberndorf“ hat sich Wolfgang Landgraeber, 1983, auf dem Höhepunkt der Friedensbewegung, mit der Waffenproduktion von Heckler & Koch im schwäbischen Oberndorf auseinandergesetzt. Auch in seinem Film „Der Tod, die Waffen, das Schweigen – Das Oberndorf-Syndrom“ (Deutschland 2016, 60 Min.) beschäftigt ihn die Frage, wie Menschen in einer Stadt leben, in der viele seit Generationen Kriegswaffen herstellen. Sein Film blendet auch Bilder von Kriegsschauplätzen im Nahen Osten, in Afrika und auf dem Balkan ein. Dort wurde und wird mit Heckler & Koch-Waffen gekämpft. Und wenn die Kriege beendet sind werden diese Waffen gerne weiterverkauft und oft noch jahrzehntelang militärisch oder von Kriminellen genutzt. Eine gebrauchte Waffe kostet oft nicht mehr als 100 Dollar, doch sie verleiht ihren Besitzern große Macht. Ein kenianischer Chirurg berichtet im Film von seinem unermüdlichen Einsatz gegen Schussverletzungen und deren Folgen, die häufig von Heckler & Koch-Waffen herrühren.

„Erde und Asche“ ist das, was in Afghanistan, nach jahrzehntelangem Kriegsgeschehen bleibt. In seinem Spielfilm begleitet Atiq Rahimi (Afghanistan, Frankreich 2004, 97 Min.) einen alten Mann, der mit seinem fünfjährigen Enkel auf dem Weg zu seinem Sohn ist, der in einem weit entfernten Bergwerk arbeitet. Er wird ihm berichten, dass sein Heimatdorf einem Anschlag zum Opfer gefallen ist und alle – bis auf Vater und Sohn, die dann vor ihm stehen werden – getötet wurden.

Titelfoto aus dem Film: „Wir waren Rebellen“ von Katharina von Schroeder und Florian Schewe