Whole School Approach
Schule als Ganzes neu denken und den Lernbereich Globale Entwicklung in alle Bereiche schulischen Lebens und Handelns einzubeziehen, ist Ziel eines Whole School Approach. Themen wie Klimagerechtigkeit, der achtsame Umgang mit Ressourcen, Friedenssicherung oder faire Handelsbeziehungen können hierbei auf vielen Ebenen in den täglichen Umgang miteinander einbezogen und durch globale Betrachtungen vertieft werden. Dabei ist es sinnvoll Möglichkeiten zu finden, wie das Engagement von Schülerinnen und Schülern aufgegriffen und Sichtweisen junger Menschen auf globale Fragen und Entwicklungen direkt integriert werden kann. Junge Filmemacherinnen und Filmemacher befassen sich in ihren Arbeiten mit den drängenden Fragen, die Jugendliche auf der ganzen Welt beschäftigen. Sie bieten Identifikationsmöglichkeiten an, die Anregungen für eigens Handeln an dem Ort, an dem sie sind und aktiv werden können, bieten: Ihre Schule zum Beispiel.
Filme eignen sich in besonderer Weise, Themen durch ihre Bildbezogenheit eine tiefere Ebene der Reflexion hinzuzufügen und regen dadurch zu Diskussion sowohl über die Inhalte als auch die Sichtweise und Interpretation der Filmschaffenden an. Da Filme Realitäten aus entfernten Regionen und sozialen Kontexten darstellen können, ist ihr Einsatz als Methode im Globalen Lernen besonders wertvoll. Filme über Kinder- und Jugendwelten im globalen Kontext kann die Auseinandersetzung mit globaler Verantwortung und dem, was wir voneinander lernen können, neu definieren.
So hat der 22-jährige Filmemachern Franz Böhm seinem ersten langen Film nicht von ungefähr den Titel „Dear Future Children“ gegeben (Deutschland, Österreich, Großbritannien 2021, 89 Min.). Der Dokumentarfilm stellt die Herausforderungen und Motivationen in den Mittelpunkt, die junge AktivistInnen bewegen und geht dabei auch auf die moderne Organisation von Protestbewegungen ein. Beispielhaft gibt er Einblicke in das Leben drei junger Aktivistinnen aus Hongkong, Uganda und Chile und untersucht die Auswirkungen auf ihr tägliches Leben: Die 22-jährige Pepper demonstriert in Hongkong gegen die Pekingnahe Administration, die 23-jährige Rayen protestiert in Chile gegen die wachsende Ungleichheit und in Uganda setzt sich die 22-jährige Hilda bei den dortigen Fridays for Future Protesten ein und nutzt die Möglichkeit der Teilnahme am Weltklimagipfel 2019 in Kopenhagen für einen flammenden Appell an alle Anwesenden, endlich nicht mehr nur zu reden, sondern aktiv handelnd für Klimagerechtigkeit einzutreten. Was die jungen Frauen antreibt, welche Fragen sie bewegen in Situationen, in denen sie sich immer wieder großen Gefahren aussetzen, macht der Film durch die Nähe zu den Protagonistinnen deutlich. Franz Böhm beschreibt seine Arbeitsweise am Film, die Kooperation mit den AktivistInnen in verschiedenen Ländern und Kontinenten und das langsam gewachsene Vertrauen in die gegenseitige Verantwortung füreinander in einem Interview, das das Haus des Dokumentarfilms
veröffentlicht hat. Wichtig ist ihm auch die Zusammenarbeit mit seinem ebenfalls sehr jungen Team. Die Rollen, so Franz Böhm, hätten sich seiner Erfahrung nach insofern verschoben, als dass seine Generation die Teamarbeit stark betont und auf eine globales Netzwerk zurückgreifen kann, das voneinander weiß und sich gegenseitig unterstützt.
Weitere Informationen zum Film: https://dearfuturechildren.com/
und https://www.camino-film.com/filme/dearfuturechildren/
Die Kanadierin Slater Jewell-Kemker hat die junge Klimabewegung genau beobachtet und während ihres eigenen Einsatzes als jugendliche Aktivistin über Jahre filmisch begleitet. „Youth Unstoppable“ (Kanada 2020, 88 Min. OmU), so der programmatische Titel ihres Films. Ihr Schwerpunkt liegt hierbei auf der Beobachtung der internationalen Begegnungen und Klimagipfel, bei denen junge Leute als Demonstrierende und LobbyistInnen um Aufmerksamkeit für ihre dringenden Themen ringen. Slater ist bei den Konferenzen in Brasilien, Dänemark und Polen dabei, spürt die Aufbruchstimmung mit Obama und Al Gore in Paris 2015 und die Enttäuschung über Trump, der drei Jahre später droht, das Pariser Klimaabkommen zu kündigen.
Als Greta Thunberg mit ihrem Schulstreik eine weltweite Massenbewegung von Jugendlichen auslöst, bedeutet dies auch neuen Nachdruck für die auf der politischen Ebene tätigen jungen Menschen. Beeindruckend sind die Kenntnisse, die sie sich hierbei angeeignet haben und der unermüdliche Einsatz bei ermüdenden Verhandlungen.
Die junge norwegische Filmemacherin Julia Dahr hat sich, unterstützt von norwegischen NGOs auf den Weg gemacht, den Klimawandel für ihre Generation verständlich und nachvollziehbar zu machen. Dafür konnte sie den kenianischen Bauern Kisilu Musya bewegen, seinen Alltag mit der Kamera festzuhalten und so zu zeigen, welche Bedeutung es für ihn, seine Familie und eine ganze Region hat, wenn der Regen ausbleibt und dann mit ungeahnter Wucht niederprasselt. Der Film „Danke für den Regen“ (Norwegen Großbritannien 2017, 59 Min.) zeigt das Engagement Kisulis, aber auch Ernüchterung beim Weltklimagipfel in Paris, den er auf Einladung Norwegischer NGOs besucht, über die geringe Resonanz auf seine Erfahrungsberichte.
Als junger Entwicklungshelfer erlebte Johannes Preuss, wie ein Goldrausch die kleine ghanaische Stadt Twifu Praso ergriff. Einige Jahre später kehrt er nach Westafrika zurück, um herauszufinden, was das Gold den Menschen wirklich bringt. Sein Film zeigt den illegalen Goldbergbau, der im ghanaischen Pidgin „Galamsey“ (Deutschland 2017, 28 Min.) genannt wird und Titel des Filmes ist. Er begleitet Galamsey-Arbeiter bei ihrem harten Job und zeigt die blutigen Auseinandersetzungen mit der Polizei, die hart gegen illegale Goldschürfer vorgehen. Dass die Galamsey-Arbeiter kaum eine andere Möglichkeit haben, Geld zu verdienen, wird der Umweltzerstörung und -verschmutzung gegenübergestellt, die durch den ungeregelten Goldabbau verursacht wird. Sich die Arbeitsweise des Filmemachers und sein Verhältnis zu seinen Protagonisten, die bei den Filmarbeiten viel aufs Spiel setzen, zu verdeutlichen, ist eine medienpädagogische Aufgabe, die hier einen wichtigen Stellenwert einnehmen sollte.
Junge afrikanische Künstlerinnen und Künstler setzen sich mit ihren Mitteln mit der Beeinflussung durch Algorithmen und soziale Medien auseinander
Das mehrfach ausgezeichnete Musikvideo “Zombies“ des belgisch-kongolesischen Rappers und Filmemachers Baloji ist eine provozierende Auseinandersetzung mit digitalen Medien. Ein (fiktiver) Wahlkampf wird als Happening auf den Straßen der kongolesischen Hauptstadt inszeniert. Eine junge, mittlerweile weltweit bekannte und beachtete Künstlerszene spielt mit den Sozialen Medien und ironisiert die mit der Digitalisierung einhergehende Veränderung der zwischenmenschlichen Beziehungen als ‚Zombifizierung‘.
Auch in dem Musikvideo „Algo-Rhythm“, einer Kooperation der österreichischen Künstlerin Manu Luksch mit senegalesischen Rap-KünstlerInnen, geht es um die Beeinflussung von Menschen durch soziale Medien und die Auswirkungen auf demokratische Prozesse. Darin nehmen zwei Kandidatinnen für das Präsidentenamt die Dienste eines Mr. X in Anspruch, der sie von seiner Methode der Wahlbeeinflussung überzeugen will. Politische Willensbildung und Meinungsfreiheit seien Konzepte von gestern, heute gehe es darum, die Wähler mithilfe von Algorithmen zu manipulieren und ihnen eine konfliktfreie Zukunft zu versprechen.
Das FilmCafé Global zum Thema Rohstoffgerechtigkeit bietet am 28.04.2022 online die Möglichkeit, Filme zu diesem Thema kennen zu lernen und zu erfahren, wie sie in der Bildungsarbeit eingesetzt werden können. Für die Elektromobilität werden Rohstoffe wie Lithium, Kobalt oder Gold benötigt – und zwar in rasant steigenden Mengen. Menschenrechtsverletzungen und Umweltbelastungen gehen damit einher. Die Filme zeigen die Probleme auf, aber auch, was wir konkret für eine nachhaltige Mobilität und Digitalisierung tun können.
Anmeldungen und Informationen unter: https://www.brot-fuer-die-welt.de/termin/filmcafe-gobal-rohstoffgerechtigkeit-am-beispiel-e-mobilitaet-436/?no_cache=1
Titelfoto aus dem Film: Dear Future Children von Franz Böhm