Demokratische Teilhabe und Pressefreiheit weltweit

Das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen, Plänen, Hoffnungen und Erwartungen in demokratischen Gesellschaften hängt auch davon ab, wie Menschen immer wieder in einen konstruktiven Austausch treten, Änderungen anregen und Herausforderungen und Irritationen aushalten können.

Themen wie Klimagerechtigkeit und die Umsetzung der 17 Ziele der SDGs fordern besonders auch junge Menschen heraus, ihr Recht auf Teilhabe und Meinungsäußerung in Anspruch zu nehmen. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Dokumentarfilmen, die ihre Aktionen ins Bild setzen, so der Film „NOW!“ von Jim Rakete, der im August in die Kinos kommt. Jim Rakete, bekannt als Fotograf von internationalen Stars aus der Film- und Musikwelt, sucht auch in seinem Filmdebüt – wie in seinen Fotos – nach der Haltung, die hinter dem Bild liegt und das Wesentliche zum Ausdruck bringt. In seinem Regiestatement heißt es: „Hajo Friedrichs hat einmal gesagt, dass sich JournalistInnen nie mit einer Sache gemein machen sollte – nicht einmal mit einer guten. Wir haben deshalb respektvollen Abstand gewahrt und aus allen Antworten die auswegreichsten und hoffnungsvollsten für den Film gewählt. – Mit Patti Smith und Wim Wenders kommen auch Veteranen früherer Bewegungen zu Wort, weil auch diese Frage immer wieder auftauchte: wie lange kann eine Bewegung durchhalten, wann schläft sie ein? Hätte mir vor ein paar Jahren jemand gesagt, dass ich noch einmal mit der Kamera auf Demonstrationen rennen würde, hätte ich wahrscheinlich zurückhaltend gelächelt. Denn genau so hat mein Beruf als Fotograf einmal vor mehr als fünfzig Jahren begonnen – mit Fotos von den 68er Unruhen in Berlin.“ Weitere Informationen und Möglichkeiten, den Film zu sehen und selbst Veranstaltungen zu organisieren unter  https://www.wfilm.de/de/now/

Die Erwartungen an die großen Erdgipfel hat viele Menschen zur politischen Teilhabe motiviert und angeregt, ihr Recht auf Mitsprache in Foren und auf der Straße in Anspruch zu nehmen. In seinem Film „Guardians oft he Earth“ (Österreich, Deutschland 2017, 89 Min.) wirft Filmemacher Filip Antoni Malinowski einen Blick hinter die Kulissen des Verhandlungsmarathons der Pariser Klimakonferenz. Dabei werden die Unterschiede zwischen den AkteurInnen hinsichtlich ihrer politischen Einflussnahme, Sichtweisen und Proaktivität für ein Abkommen deutlich. Zu Wort kommen neben bekannten politischen Größen wie Barack Obama und Christiana Figueres, der UN-Generalsekretärin der Klimarahmenkonvention, auch Menschen wie der aus Bangladesch stammende Klimaexperte Saleemul Huq. Dass den zähen Verhandlungen dynamische Veränderungen und Ereignisse in verschiedenen Ländern gegenüberstehen, zeigen Aussagen wie die des ehemaligen philippinischen Delegierten Yeb Saño, der nun als Aktivist vor den Konferenzsälen steht, oder der Ankündigung Donald Trumps, das Pariser Abkommen wieder aufzukündigen.

Die junge kanadische Filmemacherin Slater Jewell-Kemker begleitet in ihrem Film „Youth Unstoppable. Der Aufstieg der globalen Jugend-Klimabewegung“ (Kanada 2020, 88 Min.) junge Menschen, die für Klimagerechtigkeit, ihre Zukunft und die der anderen kämpfen, indem sie junge Aktivistinnen und Aktivisten bei Demonstrationen und dem Ringen nach Öffentlichkeit und Sichtbarkeit auf den großen internationalen Foren begleitet.

Beispiele für bürgerschaftliches Engagement und friedliche Proteste will auch der Film „Everyday Rebellion“ (Schweiz, Österreich 2014, 118 Min.) der iranisch-österreichischen Riahi Brüder sichtbar machen. Sie begleiten ein Dutzend AktivistenInnen aus Europa, dem Nahen Osten und den USA bei und zeigen die kollektiven Aktions- und Organisationsformen von parteilosen Bewegungen wie Occupy, Yes Men oder Indignados 15M. https://www.visionkino.de/filmtipps/filmtipp/everyday-rebellion/

In ihrem Dokumentarfilm „Homo Communis – Wir für alle“ (Deutschland 2021, 97 Min.) stellt Carmen Eckhardt Menschen in den Mittelpunkt, die neue Kommunikationsformen, Produktionsweisen und Regeln ausprobieren, um neuen Formen des Miteinanders und Umweltbewusstseins zu leben: Eine Kooperative in Venezuela, Solidarische Landwirtschaft, ein Denk Netz,  Protest im Rheinland, eine Utopiastadt im urbanen Raum, UnternehmerInnen und AktivistInnen mit neuen Ideen, Orte an denen sich Menschen gegen den Ausverkauf ihrer persönlichen Lebensbereiche zusammenfinden. Dabei ist eine große Herausforderung, individuelle Freiheiten und Bedürfnisse mit den Erfordernissen der Gemeinschaft auszubalancieren.

Auch in ihrem Film „Tomorrow – die Welt ist voller Lösungen“ (Frankreich 2015, 117 Min.) machen sich die Schauspielerin Mélanie Laurent und der französische Aktivist Cyril Dion auch die Suche nach Lebensformen, die das gängige Schema des ewigen Mehr unterlaufen. Und sie treffen überall auf Menschen, die bereits heute alternative ökologische, wirtschaftliche und demokratische Ideen leben.

So wie die „Climate Warriors“ (Deutschland 2018, 86 Min.), die Carl-A. Fechner in seinem Film begleitet. Dabei kommen so unterschiedliche Persönlichkeiten wie der junge Hip-Hop-Künstler Xiuhtezcatl Martinez, Youtuberin Joylette-Portlock oder Hollywood-Actionstar Arnold Schwarzenegger zu Wort, aber auch unbekannte Menschen, die mit guten Ideen Mobilität, Energieversorgung und Umweltschutz vorantreiben und eine nachhaltige Zukunft für möglich halten.

Wie wird, so fragt sich Filmemacher Damon Gameau, Tochter Velvet in Zukunft leben? In seinem Film „2040 – wir retten die Welt“ (Australien 2019, 92 Min.) sucht er nach möglichen anderen Wegen und trifft auf Menschen mit neuen Ansätzen, wie Bildung, Ernährung und Mobilität zukunftsfähig gestaltet werden können.

Die Frage nach der Zukunft seiner Kinder und Enkel treibt auch John Webster um, der seinen Film „Little Yellow Boots – Die Welt ist noch zu retten?!“ (Finnland 2018, 93 Min.) fragt, wie sich der Klimawandel auf die Welt von morgen auswirken wird. Was – sowohl Gutes als auch Schlechtes – übergeben die Menschen denen, die nach ihnen kommen? Nach Antworten sucht er in sibirischen Kohlegruben, auf den vom Klimawandel bedrohten pazifischen Marshallinseln und bei den Vereinten Nationen in New York. Er lässt Klimaforscher zu Wort kommen genauso wie Kohlekumpel, Klimaaktivistinnen, und viele ganz normale Menschen, sich heute auf den Weg machen, um ihren Beitrag zu einem besseren Leben zu leisten. Der Film steht in der Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung für die Bildungsarbeit zur Verfügung https://www.bpb.de/mediathek/317505/little-yellow-boots

In der Mediathek der bpb ist auch der Film „Zeit für Utopien – wir machen es anders“ (Österreich 2018, 98 Min.) von Kurt Langbein zu finden. Er stellt Menschen vor, die sich bewusst entschieden haben, aus ihren vorgegebenen Karrieren auszusteigen und andere Lebensentwürfe auszuprobieren – und die damit zufrieden bis glücklich geworden sind. Petra Wähning zum Beispiel, die ihren Job als Werberin aufgegeben hat und in einer Kooperative einen Hofladen betreibt. Oder die mutigen Frauen in Ruanda, die mit Unterstützung von Fairphone nicht nur ihr Einkommen in einer Kobaltmine sichern sondern auch erheblich zum Umweltschutz beitragen. https://www.bpb.de/mediathek/318614/zeit-fuer-utopien

Auch Kinder in Indien sind nicht länger bereit, soziale Missstände und Umweltverschmutzung hinzunehmen, sondern wollen Teil demokratischer Entscheidungsprozesse sein. In dem Film „Power to the Children – Kinder an die Macht“ (Deutschland 2018, 87 Min.) beobachtet Anna Kersting Kinder zwischen 12 und 15 Jahren, die Kinderparlamente gegründet haben, um den Entscheidungen der Erwachsenen über ihr Leben selbstbewusst entgegentreten zu können. Sri Priya zum Beispiel. Die Kinder in ihrem Dorf in Tamil Nadu haben vor fünf Jahren ein Kinderparlament gegründet und sie zur Innenministerin gewählt. Jetzt kümmert sie sich um die Umweltprobleme des Dorfes und sorgt dafür, dass der Bürgermeister seiner Pflicht nachkommt und etwas gegen die Müllprobleme des Dorfes unternimmt. Und sie sorgt dafür dass auch die Mitgliedern des Kinderparlaments sich beteiligen, wenn es darum geht, das Dorf sauber zu halten und Bäume zu pflanzen. Bezug für die Bildungsarbeit über: https://www.filmsortiment.de/power-to-the-children-_-kinderparlamente-in-indien/dvd/unterrichtsfilm-lehrfilm-schulfilm/86644

„Dear Future Children“ (Deutschland, Großbritannien, Österreich 2021, 89 Min.) des jungen Filmemachers Franz Böhm begleitet AktivistInnen seiner Generation der 20Jährigen, die sich auch unter Einsatz ihres Lebens für den Protest gegen die herrschenden Verhältnisse entschieden haben. Wenn Pepper in Hongkong für demokratische Rechte wie Pressefreiheit demonstriert, drohen ihr jederzeit Verletzung oder Verhaftung. Auch die Chilenin Rayen sieht sich bei den sozialen Protesten in Santiago mit Wasserwerfern und Tränengas konfrontiert, durch die schon zahlreiche ihrer AltergenossInnen zum Teil schwer verletzt wurden. Nachdem ihre Eltern infolge des Klimawandels Haus und Hof verloren haben, engagiert sich Hilda bei „Fridays for Future“, deren ugandische Sektion sie mitgegründet hat. Für sie alle ist eine Zukunft nur unter demokratischen und klimagerechten Vorzeichen denkbar und dafür setzen sie sich ein. https://www.visionkino.de/filmtipps/filmtipp/dear-future-children/

Was geschieht, wenn demokratische Teilhabe verwehrt wird, zeigt beispielhaft der Film „Das grüne Gold – Dead Donkeys fear no Hyenas“ von Joakim Demmer (Schweden, Deutschland, Finnland 2016, 82 Min.). In dem von Hunger bedrohten Äthiopien verpachtet die Regierung vermeintlich unbewohntes Land an Investoren, die dort in großen Stil Nahrungsmittel für den Export anbauen. JournalistInnen, die die Vertreibung der Bevölkerung offenlegen und über das skandalöse Verhalten von Offiziellen berichten, werden mit dem Tod bedroht oder müssen das Land verlassen. Eine informierte Öffentlichkeit wird so systematisch verhindert.

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Der Dokumentarfilm „Kein Gold für Kalsaka“ von Michel K. Zongo (Burkina Faso, Deutschland 2019, 79 Min. OmU) setzt nicht nur die katastrophalen Umweltschäden durch industriell betriebenen Rohstoffabbau ins Bild, er thematisiert auch die Folgen für die Bevölkerung, wenn demokratische Entscheidungsprozesse fehlen und ihre Belange außer Acht bleiben. Michel K. Zongo, der selbst aus der Region Kalsaka im Norden von Burkina Faso kommt, spricht drei Jahre nach dem Abzug der britischen Minengesellschaft mit Bewohnerinnen und Bewohnern über die verheerenden Folgen des Goldabbaus. Blaise Compaoré, der gestürzte Premierminister Burkina Fasos, hatte dem Konzern die Konzession erteilt, verbunden mit dem Versprechen von Arbeitsplätzen, Steuereinnahmen und der Verbesserung der Schul- und Gesundheitsversorgung. Geblieben sind nach der Einstellung des Goldabbaus verseuchte Brunnen, eine Kraterlandschaft und die schiere Verzweiflung. Von den 18 Tonnen Gold, die gefördert wurden, ist nichts bei der lokalen Bevölkerung angekommen. Doch die Menschen wehren sich gegen die Zerstörung ihrer Existenzgrundlage und haben nach den politischen Umwälzungen im Land an Selbstbewusstsein gewonnen.

Startbild aus dem Film „NOW!“ von Jim Rakete