Globales Lernen an der Hochschule und in der Erwachsenenbildung (SDG 4)
Das nachhaltige Entwicklungsziel 4 bezieht sich darauf, eine inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung zu gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle zu schaffen.
Lebenslangen Bildungsprozess sind besonders gefragt, wenn man Transformation zur Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung machen will. Und vielfältige Lernmöglichkeiten sind erforderlich, um wachsende Komplexität zu erschließen und Gesellschaft zukunftsfähig mitzugestalten. Filmische Medien haben viel mit den Kernkompetenzen im Lernbereich Globale Entwicklung zu tun: Mit dem Erkennen und Wertschätzen von Vielfalt, Perspektivenwechsel und Empathie zum Beispiel.
Kommunale Kinos sind die Orte, an denen Film, Kunst, Kultur, Wahrnehmung und Bildung zusammengedacht werden. Nicht selten sind Kommunale Kinos, die der kürzlich verstorbene Kulturpolitiker Hilmar Hoffmann in den 1970er Jahren als Bestandteil kommunaler Kulturpolitik verankern konnte, auch in Volkshochschulen angesiedelt und haben dort einen Ort gefunden, der lebenslangem Lernen verpflichtet ist und den Blick in die Welt erweitern will. Dass sich Kino verändert und immer wieder neuen Herausforderungen anpassen muss, bringt Regisseur Wim Wenders auf den Punkt: „Die Frage ist letzten Endes, ob man überhaupt für kommende Generationen einen Begriff von Kinokultur aufrechterhalten will, der multikulturell, spezifisch und differenziert ist. Wenn man ein Kino will, das den Blick in die Welt und in die Geschichte offenhält, braucht man mehr denn je die Kommunalen Kinos.“ (www.kommunale-kinos.de)
Eine Jury der Kommunalen Kinos zeichnet jedes Jahr aus dem Programm des Forums des jungen Films bei der Berlinale einen Preisträgerfilm aus, der durch die Kommunalen Kinos tourt. In diesem Jahr war dies der chilenische Film „La casa lobo“ („Das Wolfshaus“) von Christóbal León und Joaquin Cociña. In dem schaurigen Animationsmärchen geht es um eine Gemeinde frommer Deutscher im Süden von Chile, womit Bezug zu der berüchtigten Sekte Colonia Dignidad des Deutschen Paul Schäfer genommen wird. Die streng von der Außenwelt abgeschottete Siedlerkolonie unterstützte in den 1970er-Jahren den Putsch des chilenischen Militärs gegen den Präsidenten Salvador Allende, war in illegalen Waffenhandel aus Deutschland verwickelt und diente als Operationsbasis wie als Folterzentrum des Geheimdienstes DINA während der Militärdiktatur. Der surreale, kunstvoll als Stop-Motion-Animation konzipierte Film bietet über das Filmerleben hinaus die Möglichkeit, sich über die Verbindung der Geschichte Chile – Deutschland auseinanderzusetzen.
Der Preisträger 2017 „El Mar La Mar“ von Joshua Bonnetta und J.P. Sniadecki stellt die Sonora-Wüste zwischen Mexiko und den USA in den Mittelpunkt. Neben den wenigen Menschen, die hier leben, sind es offizielle und selbsternannte Grenzschützer und die ärmsten der undokumentierten Einwanderinnen und Einwanderer, denen kein anderer als dieser lebensgefährliche Weg bleibt, die sich in die menschenfeindliche Gegend wagen. Neben dem kinematografischen Portrait der Wüste wird der Film so zum vielschichtigen Panorama eines hochgradig politisierten Landstrichs.
In thematischen Reihen und Filmtagen/Filmfestivals widmen sich Kommunale Kinos immer wieder den Bildern des Globalen Südens. Das Mittwochskino im Kommunalen Kino Freiburg stellt regelmäßig das Filmschaffen aus Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas vor und legt alle zwei Jahr im Freiburger Film Forum den Schwerpunkt auf Filme und Gespräche über Filme aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien www.freiburger-filmforum.de
Die Volkshochschule Stuttgart stellt in jedem Semester ein anderes Land in den Vordergrund, um es durch“ Die Augen der Anderen“ wahrzunehmen. In diesem Semester steht China auf dem Programm und die immensen Herausforderungen, die die schnelle Modernisierung der Gesellschaft abfordert. Im nächsten Semester wird in vier Filmen das Thema Menschenrechte dargestellt www.vhs-stuttgart.de
Im Filmmuseum Frankfurt stellt das Festival Africa Alive in jedem Jahr das aktuelle Filmschaffen afrikanischer Länder in den Mittelpunkt www.africa-alive-festival.de Auch hier sind die Filmgespräche und Diskussionen mit Filmemacherinnen und Filmemachern integraler Bestandteil des Kinoerlebnisses.
Dies sind einige wenige Beispiele. Der Blick in das Programm der Kommunalen Kinos und Volkshochschulen vor Ort lohnt.
Das Barefoot College im indischen Rajasthan hat sich Erwachsenenbildung auf die Fahnen geschrieben. Regelmäßig finden dort Kurse für Frauen aus Ländern des Globalen Südens statt, um sie zu Solaringenieurinnen auszubilden. In ihrem Film „No Problem! Solaringenieurinnen für Afrika“ begleitet Yasmina Kidwai eine Gruppe von Frauen aus Liberia, Malawi, Sudan und Tansania bei ihrer Ausbildung. Die Frauen, die kaum eine Schulbildung erhalten haben, lernen mit einfachen aber effektiven Mitteln, in ihren Dörfern Solarzellen zu installieren und die Versorgung mit Strom zu gewährleisten. Sie werden zu Expertinnen und stärken zudem die Rolle der Frauen in ländlichen Gebieten. Das Barefoot College (www.barefootcollege.org) fühlt sich den SDGs verbunden, um zu einer communitybasierten Entwicklung beizutragen. Dabei ist Ghandis Wort „First they ignore you, then they laugh at you, then they fight you, then you win“ Ansporn ihrer Überzeugung, dass jeder Mensch lernen und großes bewirken kann.