SDG 10 – Weniger Ungleichheit
Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern: Was soll mit Ziel 10 eigentlich erreicht werden? Im Punkt 3 des Maßnahmenkatalogs heißt es, dass Chancengleichheit gewährleistet und Ungleichheit der Ergebnisse reduziert werden soll, namentlich durch die Abschaffung diskriminierender Gesetze, Politiken und Praktiken und die Förderung geeigneter gesetzgeberischer, politischer und sonstiger Maßnahmen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die „Initiative Lieferkettengesetz“, zu der sich ein breites Bündnis aus Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen, Gewerkschaften und Kirchen zusammengefunden haben, und die im September 2019 öffentlich vorgestellt wurde. Durch diese Initiative soll die Bundesregierung aufgefordert werden, ein Gesetz zu erlassen, das deutsche Unternehmen für Verstöße gegen Menschenrechte und Umweltstandards haftbar macht. Sie wendet sich energisch dagegen, dass Kinderarbeit oder fehlender Arbeitsschutz in Fabriken wie in Bangladesch oder Pakistan, die auch für deutsche Firmen produzieren, vor deutschen Gerichten nicht geahndet werden und weiterhin auf Freiwilligkeit deutscher Unternehmen bei der Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten gesetzt wird. Auch mangelnder Umweltschutz, der zu Katastrophen wie die bei einem Dammbruch in Brasilien führten, sollen zukünftig gerichtlich verfolgt werden können. Die „Initiative Lieferkettengesetz“ fordert, dass Betroffene vor deutschen Gerichten Entschädigung einklagen können, wenn ein Unternehmen seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.
Auch Filme greifen diese komplexe Thematik auf und widmen sich ihren verschiedenen Aspekten.
In ihrem Film „Todschick – die Schattenseite der Mode“ (2016, 45 Min.) greift Inge Altemeier das Thema Arbeitsschutz in Fabriken in Bangladesch auf, in denen auch für deutsche Modefirmen billig Kleidung produziert wird. Als 2013 ein großes Fabrikgebäude in sich zusammenbrach, starben weit mehr als tausend Menschen. Die großen Textilkonzerne, die dort über Sub-Unternehmen hatten nähen lassen, betonten ihre Unschuld. Auf Druck des Internationalen Gewerkschaftsverbands unterschrieben 200 große Firmen ein Abkommen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Doch diese haben sich in der globalisierten Textilbranche seitdem kaum geändert. Der Film begleitet die französische Anwältin Marie-Laure Guislain nach Bangladesch, um bei den Überlebenden des Unglücks nach Beweisen zu suchen. Dem Einsatz ihrer Organisation Sherpa ist es zu verdanken, dass ein Gesetz, nach dem europäische Unternehmen juristisch belangt werden können, wenn ihnen Menschenrechtsverletzungen in ihren Produktionsbetrieben nachgewiesen werden können, im Februar 2017 in Frankreich in Kraft trat.
„Death by Design – Die dunkle Seite der IT-Industrie“ von Sue Williams (2015, 73 Min.) geht dem immensen Anstieg der Produktion von IT-Produkten und der Auswirkung auf Menschen und Umwelt nach. Bis 2020 werden vier Milliarden Menschen einen PC besitzen und fünf Milliarden ein Handy. Der Film erzählt die Geschichten von jungen chinesischen Arbeitern, die unter unsicheren Bedingungen produzieren, von amerikanischen Familien, die mit den tragischen Folgen des Umgangs der Elektroindustrie mit toxischen Stoffen leben müssen, und von Aktivistinnen und Aktivisten, die alles dafür tun, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. In den 1980er Jahren produzierten alle großen Elektronikfirmen im Silicon Valley. Bald erkrankten vor allem ArbeiterInnen, die in der Fertigung mit hochgiftigen Substanzen zu tun hatten, an Krebs. Ein langwieriger Prozess gegen IBM endete Anfang der 1990er Jahre mit einem Vergleich. So waren die großen Unternehmen heilfroh über das Angebot, die Fertigung nach China zu verlagern. Umwelt- und Sicherheitsstandards wurden großzügig ausgelegt.
Die Kompilations-DVD „Digital – Mobil – und Fair?“ umfasst insgesamt 5 Filme, die sich mit verschiedenen Aspekten rund um das Thema beschäftigen. In unseren Mobiltelefonen und vielen Maschinen und Geräten, die wir alltäglich nutzen, stecken wertvolle Rohstoffe wie Gold oder Platin, aber auch Indium, Palladium oder Tantal oder Seltene Erden wie Neodym oder Samarium. Der Abbau dieser Rohstoffe findet häufig in den Ländern des globalen Südens statt, nicht selten unter Bedingungen, die für die beteiligten Menschen wie für die Umwelt in hohem Maße schädlich sind. Die fünf Filme der DVD folgen dem Produktions- und Gebrauchszyklus verschiedener Geräte, von der Rohstoffgewinnung über deren Verarbeitung bis zu ihrer Entsorgung bzw. Wiederverwertung.
In der 45-minütigen Dokumentation „Sklavenarbeit für unseren Fortschritt“ nimmt Tilman Achtnich am Beispiel einer Goldmine im Kongo und einer Wolfram- sowie einer Zinn-Mine im Hochland von Bolivien den Anfang der Rohstoffkette für unsere Gebrauchsgüter genauer in den Blick.
„Der digitale Friedhof“ ist ein 16-minütiger Film, in dem Sèbastien Mesquida über riesige Mülldeponien in Ghana zeigt, wo vor allem Kinder und Jugendliche Elektroschrott recyclen, der oft illegal aus Europa und Amerika in das westafrikanische Land gelangt.
In dem kurzen Beitrag „Handy für das gute Öko-Gewissen“ stellt Sonja Kolonko die Initiative Fairphone vor (6 Min.) und den Gründer Bas van Abel, der sich für die Produktion fairer Handys stark macht.
„Elektroschrott – Wohin mit dem Müll?“ ist eine Reportage von Katja Nickoleit (6 Min.) über die ca. 45 Millionen Tonnen Elektroschrott, die 2017 weltweit anfielen – den größten Anteil haben Computer.
„Pfand oder Tonne“ nennt Stefanie Vollmann ihren Bericht (4 Min.). Eine Tonne Handyschrott enthält 60-mal mehr Gold als eine Tonne Golderz. Daher rücken verstärkt die 60 bis 100 Millionen Althandys in den Fokus, die nach Schätzungen in deutschen Haushalten herumliegen.
Um die Auslagerung von vornehmlich aus Europa stammendem Elektroschrott nach Kenia geht es auch in dem Film „Welcome to Sodom – dein Smartphone ist schon hier“ von Florian Weigensamer und Christian Krönes (2018, 92 Min.). Agbogbloshie, am Rande der Millionenmetropole Accra, ist eine der größten Elektro-Müllhalden der Welt und zählt zu den verseuchtesten und giftigsten Arealen der Erde. Etwa 6.000 Frauen, Männer und Kinder leben und arbeiten an dem Ort, den sie „Sodom” nennen. Rund 250.000 Tonnen ausrangierte Computer, Smartphones, Drucker und andere technische Geräte aus einer weit entfernten, elektrifizierten und digitalisierten Welt gelangen Jahr für Jahr hierher. Dass hier schnell alternative Wege gefunden werden müssen, bei denen gerechte Preise für Arbeit und Umweltschutz gezahlt werden, drängt sich auf.
„Der Fall Mubende und der bittere Geschmack der Vertreibung“ von Michael Enger (2015, 30 Min.) geht einem Fall von Landraub in Uganda nach, der 2001 einen Höhepunkt erreichte. Damals vertrieb die ugandische Armee in Mubende 4.000 Menschen, um Platz für die Kaweri Coffee Plantation, eine Tochterfirma der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe, zu machen. Als einer der großen Rohkaffeehändler beliefert die Firma nahezu alle großen Kaffee-Marken Deutschlands. Der Manager der Plantage behauptet, die Firma Neumann habe nichts von der Vertreibung gewusst. Weil die Vertriebenen nicht entschädigt wurden, verklagten sie 2002 die ugandische Regierung und das Unternehmen. 2013 wird ihnen in erster Instanz eine Entschädigung von ca. 11 Millionen Euro zugesprochen – aber ihr Anspruch auf Rückgabe des Landes abgewiesen. Die Neumann Gruppe streitet nun mit ihren Anwälten, wer diese Entschädigung bezahlen muss und bemüht sich um die Ablösung des Richters, um das Urteil aufzuheben.
Landraub ist auch Thema des Films „Das Grüne Gold“ von Joakim Demmer (2016,82 Min.), in dem sich den Ausverkauf wertvoller Ackerflächen und Naturschutzgebiete durch die Regierung in Äthiopien vornimmt.
In seinem Film „La buena Vida – das gute Leben“ (2015, 90 Min.) begleitet Jens Schanze Jairo Fuentes, den junge Chef der Dorfgemeinschaft von Tamaquito. Die Wayúu leben in den Wäldern im Norden Kolumbiens. Dort gibt die Natur den Menschen alles, was sie zum Leben brauchen. Doch die Lebensgrundlage der der Gemeinschaft wird durch den Kohleabbau in der Mine El-Cerrejón zerstört. Die Steinkohle wird in alle Welt exportiert. Jairo Fuentes ist entschlossen, die gewaltsame Vertreibung zu verhindern, trotz der großzügigen Versprechen des Energiekonzerns. Die Geschichte der Wayúu ist eng mit dem weltweit steigenden Energiekonsum, den das Streben nach Wachstum und Wohlstand verursacht, verknüpft. Der Film steht auf der Kompilations-DVD „Umschalten“ auch als Kurzfassung (52 Min.) zur Verfügung.