Frieden

Die Vereinten Nationen haben den 21. September zum Internationalen Tag des Friedens erklärt. Der Bedeutung von Frieden für jede Art von Entwicklung drückt sich in dem SDG 16 aus, das sich den Themen Frieden, Gerechtigkeit und starken Institutionen widmet.

Kriegsursachen sind vielfältig und kein Krieg wird ohne Waffen geführt. In seinem Film „Der Tod, die Waffen, das Schweigen – Das Oberndorf-Syndrom“ (Deutschland 2016, 60 Min.) geht Regisseur Wolfgang Landgraeber der Frage nach, wie Menschen in einer Stadt leben, in der viele ihrer Bewohner seit Generationen Kriegswaffen herstellen. In Oberndorf am Neckar, der 14.000-Einwohner-Stadt am Ostrand des Schwarzwalds, sind in den Rüstungsbetrieben Mauser (jetzt Rheinmetall) und Heckler & Koch in den letzten Jahren zwar viele Arbeitsplätze verloren gegangen und die Bundeswehr möchte das G36 aus technischen Gründen ausmustern, doch noch immer schätzen Militärs und Terroristen weltweit die beiden Sturmgewehre G3 und G36. Seit der König von Württemberg 1812 im ehemaligen Augustinerkloster eine Gewehrfabrik einrichten ließ haben Millionen Menschen durch Waffen aus Oberndorf ihr Leben verloren. Wolfgang Landgraeber, der sich bereits in den 80er Jahren mit der Oberndorfer Waffenproduktion befasst hat, spürt in diesem Film Veränderungen und Kontinuitäten nach.

Über die (Schuss-)Wunden, die geheilt werden müssen, berichtet Florian Hoffmann in seinem Dokumentarfilm „Arlette. Mut ist ein Muskel“ (Schweiz 2015, 53 Min.). Die 15-jährige Arlette kommt, nachdem sie jahrelang an den Folgen einer Schussverletzung, die sie als kleines Mädchen im Bürgerkrieg in der Zentralafrikanischen Republik traf, gelitten hatte, für eine Operation nach Berlin. Ihre erste Reise fern von der Familie und mit den vielen neuen Eindrücken gestaltet sich schwierig. Doch eröffnet sich ihr auch eine neue Sicht auf die Welt und ins Erwachsenwerden. Arlette ist auch eine der Protagonistinnen des Films „Cahier Africain“ von Heidi Specogna (Deutschland, Schweiz 2016, 119 Min.). Mit der Gewalt, der Frauen und Mädchen im Bürgerkrieg in der Zentralafrikanischen Republik ausgesetzt war, befasst sich der Menschenrechtsgerichtshof in Den Haag – der Film bezeugt die Bedeutung der Aufarbeitung und Benennung von Unrecht, um Frieden zu ermöglichen, ohne die Probleme, die der formale und durchaus bürokratische Vorgang aufwirft, zu beschönigen.

Um die durchaus problematische Umsetzung von internationalem Recht geht es auch dem Regisseur Mohammed Alatar in seinem Film „Broken – A Palestinian Journey Through International Law and Justice“ (Schweiz, Palästina 2018, 52 Min.). Im Zentrum steht die völkerrechtliche Bewertung der Sperrmauer zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten, mit deren Errichtung Israel 2002 begonnen hatte. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag wurde von den Vereinten Nationen damit beauftragt, nicht die Mauer als solche, sondern deren Verlauf juristisch, d.h. vor allem in völkerrechtlicher Hinsicht zu bewerten. Eine große Qualität von Mohammed Alatars Film ist, dass er mit beteiligten Richtern und anderen Völkerrechtsexperten ausführliche Interviews führt. So kommen sowohl juristische als auch politische Fragen zur Sprache und nicht zuletzt auch ethische Überlegungen dieser durchweg hochrangigen Juristen. Ein Exkurs zur Entstehung des internationalen Rechts im Gefolge europäischer Kriege vertieft diese Überlegungen und verleiht dem Film zusätzliches Gewicht. In Zeiten, in denen zahlreiche Staaten sich wieder von multilateralen Vereinbarungen abwenden und zu einer unilateral ausgerichteten Außenpolitik zurückkehren, ist dieser historische Rückblick sehr erhellend.

Um ein Gerichtsverfahren anderer Art geht es in dem auf einer wahren Begebenheit beruhenden Spielfilm „Naomis Reise“ von Frieder Schlaich (Deutschland 2017, 92 Min.). Nachdem eine Peruanerin von ihrem deutschen Ehemann ermordet wurde, reisen ihre Schwester und Mutter nach Berlin, um als Nebenklägerinnen an dem Prozess teilzunehmen. In den Gerichtsszenen wird das Leben der Ermordeten und das Verhältnis zu ihrem Ehemann deutlich. Die Authentizität der Ereignisse wird dadurch betont, dass Richter, Staatsanwalt und Anwälte auch im wirklichen Leben diese Berufe ausüben. Während des Prozesses lernt Naomi ebenso viel über ihre Schwester und ihre Erwartungen wie übe die gesellschaftlichen Vorbehalte migrantischer Frauen gegenüber. Durch die filmische Gestaltung des Prozesses sind Zuschauerinnen und Zuschauer immer wieder mit ihrer eigenen Haltung dem Geschehen im Gericht gegenüber konfrontiert.

In Liberia spielten Frauen eine tragende Rolle, um den Friedensprozess einzuleiten und das korrupte Regime unter Charles Taylor zu stürzen. Der Film „Zur Hölle mit dem Teufel“ (USA, Liberia 2008, 60 Min.) von Gini Reticker ist auch das Portrait der Aktivistin Leymah Gbowee, die für ihr Engagement mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

2018 wurde auch die Jesidin Nadia Murad mit dem Friedensnobelpreis für ihren Einsatz geehrt, den Jesidinnen eine Stimme zu geben und auf die Gewalt aufmerksam zu machen, die sie erfahren mussten, nachdem die Region Sindschar dem IS Zum Opfer gefallen war. In seinem Spielfilm „Reseba – The Dark Wind“ (Autonome Region Kurdistan, Deutschland, Katar 2019, 89 Min.) geht Regisseur Hussein Hassan dem Schicksal einer jungen Frau nach, deren Leben nach der Entführung und Zwangsverschleppung durch den IS zerstört war und die erst langsam zurück ins Leben findet.

Und so unüberschaubar die Ursachen für Kriege, kriegerische Auseinandersetzungen und Gewalt  sind, so sind es die vielen kleinen und mutigen Schritte Einzelner oder Gruppen, die in der Lage sind, über ihre Schatten zu springen und durch Zivilcourage und Akte der Menschlichkeit neue Zeichen zu setzen. In ihrem Kurzspielfilm „Watu Wote“ (Deutschland, Kenia 2017, 22 Min.) greift Regisseurin Katja Benrath auf eine wahre Begebenheit zurück. Die Christin Jua ist auf dem Weg in den Norden Kenias, als der Bus von der islamistischen al-Shabaab Miliz überfallen wird. Ihre muslimischen Mitreisenden weigern sich, sie als Christin der Miliz auszuliefern, auch wenn sie selbst mit dem Tod bedroht werden. Denn bei dem Überfall wird ein Mann erschossen, ein Lehrer, der an die Humanität der Angreifer appelliert, verletzt. Er stirbt später an den Folgen seiner Verletzungen. Und ihm ist der Film gewidmet.

Über großen Mut verfügten auch Pastor James Movel Wuye und Imam Muhammad Ashafa, die sich trotz aller Widerstände zusammenfanden, um dem Religionskrieg im Norden Nigerias ein Ende zu setzen. Ihnen und ihrer wegweisenden Arbeit setzt Alan Channer mit seinem Film „Der Imam und der Pastor“ (Großbritannien, Nigeria 2006, 40 Min.) ein Denkmal.

Mut bringt auch der alte Friedhofswärter auf, der in dem Spielfilm „Im Labyrinth der Erinnerung“ von Alireza Khatami (Frankreich, Deutschland, Niederlande, Chile 2017, 92 Min.) auf, der in einem nicht näher bezeichneten lateinamerikanische Land, in dem Bürgerkrieg herrscht, einen Rest an menschlichem Miteinander ertrotzt. Als er die Leiche einer namenlosen jungen Frau entdeckt, setzt er alles daran, ihr ein würdiges Begräbnis zu ermöglichen und ihr ihren Namen zurückzugeben.

Die Wunden von Bürgerkriegen sind in einigen lateinamerikanischen Ländern noch lange nicht verheilt. Davon berichtet Uli Stelzner in seinem Dokumentarfilm „Kolumbien – Der lange Weg zum Frieden“ (Deutschland 2019, 52 Min.). Drei Jahre nach der Unterzeichnung des Friedenvertrages sollte der 50-jährige Bürgerkrieg in Kolumbien, der hunderttausende von Opfern forderte, eigentlich beendet sein. Doch steht die schwierige Umsetzung der Ergebnisse der Verhandlungen noch immer aus. Millionen Vertriebene wollen zurück auf ihr Land, die Gesellschaft mit der höchsten Einkommensungleichheit weltweit ist tief gespalten. Internationale Konzerne erwarten wirtschaftliche Erleichterungen, um die Minen weiter betreiben zu können. Doch haben die Konflikte zwischen ihnen und der Landbevölkerung bereits 2016/2017 zur Ermordung von 130 Umweltschützern und Menschenrechtsaktivisten geführt. Wird das Land, wie andere mittelamerikanische Länder, in neue bewaffnete Konflikte gezogen?

Uli Stelzner hat sich in vielen seiner Filme mit dem Bürgerkrieg und den Narben die er in Guatemala hinterlassen hat, beschäftigt. In seinem Film „La Isla“ (Guatemala, Deutschland 2009, 85 Min.) geht er der Entdeckung der Geheimarchive der guatemaltekischen Polizei auf den Grund, in dem die Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerung festgehalten sind. Und er beschreibt den Mut und den Aufbruch einer jungen Generation, die das Schweigen über die Vergangenheit nicht mehr hinnehmen will.