Europa (SDGs 10+16)

„Ein weltoffenes Europa muss sich Afrika zuwenden, mit dem wir einen Pakt für die Zukunft schmieden müssen. Durch die Anerkennung eines gemeinsamen Schicksals, durch die Unterstützung seiner Entwicklung auf ambitionierte und nicht auf zurückhaltende Weise: Investitionen, Universitätspartnerschaften, Schulunterricht für Mädchen usw.“ so Emmanuel Macron in seiner Publikation „Für einen Neubeginn in Europa“, die am 05.03.2019 in verschiedenen europäischen Zeitungen veröffentlich wurde.

Mit seinem Appell will Macron vor der Europawahl am 26.05.2019 ein deutliches Zeichen für „Freiheit, Schutz und Fortschritt“, für mehr Demokratie und Zusammenhalt gegen rechtspopulistische Strömungen setzen.

(Bild: „Eldorado“ von Markus Imhoof)

Um die Auseinandersetzung, die mit diesem Appell  in Bezuf auf das europäisch-Afrikanische Verhältnis verbunden ist, weiterzuführen, müssen viele Themen angesprochen, vertieft, und die Reflexion über Vergangenheit und Gegenwart europäisch-afrikanischer Beziehungen offen zur Diskussion gestellt werden.

Viele Filme haben sich diesen unbequemen Themen gewidmet und können zur Vertiefung unterschiedicher Aspekte beitragen.

Zum Thema Handel z.B.:
„Hühnerwahnsinn – Wie Europas Exporte Afrika schaden“, so der Titel des Films von Marcello Faraggi (2007, 28 Min.), in dem er den fatalen Folgen europäischer billiger Geflügelteile auf afrikanischen Märkten für Verbraucher und Anbieter nachgeht. Das gleiche gilt auch für Tomaten und andere Nahrungsmittel, die von Europa subventioniert afrikanische Verbrauchermärkte überschwemmen und heimischen Produzenten kaum eine Chance lassen.

„Der digitale Friedhof“ von Sébastien Mesquida (2009, 16 Min.) folgt dem Weg, den alte Computer, Fernseher und Kühlschränke – oft illegal – von Europa und Amerika nach Afrika zurücklegen. Dort landen sie oft auf einer riesigen Mülldeponie am Rande von Ghanas Hauptstadt Accra. Hier in Agbogbloshie wird der Elektroschrott recycelt. Oft sind es Kinder und Jugendliche, die die Geräte mit einfachsten Werkzeugen zerlegen, bzw. am offenen Feuer bearbeiten, um an das Kupfer und andere Wertstoffe zu gelangen, die sie dann verkaufen können.

Zehn Jahre später hat sich die Situation in Agbogbloshie verschärft, wie der Film „Welcome to Sodom – Dein Smartphone ist schon hier“ von Florian Weigensamer und Christian Krönes (2018, 92 Min.) zeigt. Der Dokumentarfilm lässt die Zuschauer hinter die Kulissen von Europas größter Müllhalde mitten in Afrika blicken und portraitiert die Verlierer der digitalen Revolution. Dabei stehen nicht die Mechanismen des illegalen Elektroschrotthandels im Vordergrund, sondern in teils erschütternden Bildern die Lebensumstände und Schicksale von Menschen, die am untersten Ende der globalen Wertschöpfungskette stehen. Die Müllhalde von Agbogbloshie, so die Verleihinformation, wird höchstwahrscheinlich auch letzte Destination für die Tablets, Smartphones und Computer sein, die wir morgen kaufen.
Das Katholische Filmwerk und Vision Kino haben ausführliches Bildungsmaterial zum Film veröffentlicht.

Schon 2007 wiesen die Filmemacher Klaus Marten und Michael Grytz in ihrem Film „Alptraum Fischerboot“ auf die Verbindung von „Afrikas Flüchtlingen und Europas Fischereipolitik“ hin, ein Thema, mit dem sich Peter Heller in seinem Film „Yaayboy. Vom Fischen im Trüben“ (2015, 25 Min.) unter aktuellen Bedingungen ebenfalls befasst. Yaayboy, so werden in Senegal die Fische bezeichnet, die nach dem Abfischen der ausländischen Trawler für die lokalen Fischer übrig bleiben. Doch gegen den Ausverkauf ihrer Fischgründe in Form von Fangmengen, die europäischen Industriefangschiffen vom senegalesischen Staat eingeräumt werden, wehren sich die Fischer seit vielen Jahren ebenso, wie gegen die illegale Fischerei – und das zunehmend mit Erfolg. Der Film gibt Einblicke in die komplexen Ursachen der Überfischung afrikanischer Gewässer und zeigt die vielfältigen Auswirkungen auf die Bevölkerung des Senegal. Denn zum Mangel an Fisch zu bezahlbaren Preisen kommt der Rückgang an Arbeitsplätzen in der Fischverarbeitung. Viele junge Fischer sehen keine Zukunft mehr in ihrem Land und suchen ihr Heil in der Flucht nach Europa.

Zum Thema Flucht z.B.:

In seinem Film „Life Saaraba Illegal“ (2015, 90 Min.) greift Regisseur Peter Heller die Geschichte der Familie Sarr, die er in „Yaayboy“ angefangen hat zu erzählen, auf. In seiner Langzeitstudie begleitet er die beiden Brüder Aladji und Souley von einer kleinen Fischerinsel im Atlantik vor der Küste Senegals. Der Ältere, Aladji, schaffte es vor zehn Jahren als Bootsflüchtling nach langer Odyssee bis in die Gemüseplantagen Spaniens. Auch der jüngere Bruder Souley träumte von Europa und machte sich schließlich auf den Weg zu seinem Bruder. Sein Cousin und Co-Autor des Films Saliou Sarr, der in seiner Heimat als „Alibeta“ ein bekannter Musiker und Griot ist, folgt ihm den ganzen Fluchtweg von 3.000 Kilometern bis in den Norden Marokkos und will ihn zur Umkehr bewegen. Im Zentrum der filmischen Chronik stehen die Träume und Ziele, Erfahrungen und Schäden, die die beiden Brüder auf ihrem Weg nach „Saaraba“, wie der verheißenen Kontinent Europa in Westafrika genannt wird.

„Eldorado“ des Schweizer Regisseur Markus Imhoof erzählt eine sehr persönliche Geschichte von Flucht und Vertreibung. Während des 2. Weltkriegs nimmt die Familie Imhoof in der neutralen Schweiz ein italienisches Flüchtlingskind auf, um es aufzupäppeln. Das Mädchen heißt Giovanna und verändert den Blick, mit dem der kleine Markus die Welt sieht. 70 Jahre später kommen wieder Fremde nach Europa. Nun geht er an Bord eines Schiffes der Operation „Mare Nostrum“, in deren Verlauf mehr als 100.000 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet werden. Mit den Augen des Kindes, das er damals war, spürt er den Fragen nach Menschlichkeit und gesellschaftlicher Verantwortung in der heutigen Welt nach, die ihn bis heute umtreiben.
Zum Film gibt es ausführliches Material für die Bildungsarbeit.

Zum Thema Restitution z.B.

Seit der Veröffentlichung der Studie zur Rückgabe von Kulturgütern aus französischen Museen in die Ursprungsländer, zu der Präsident Marcon Bénédicte Savoy und Felwin Sarr beauftragt hat, ist die Auseinandersetzung, die an europäischen Völkerkundemuseen schon lange immer wieder geführt wird, an die Öffentlichkeit gedrungen und hat zu zum Teil heftigen Diskussionen geführt.

„Die Maske aus San“ (Jacques Sarrasin 2015, 83 Min.) erzählt die Geschichte einer Doppel-Maske, von der ein Teil aus einer europäischen Sammlung in ihre Heimat Mali zurückkehren soll. Bakary erklärt sich bereit, die Maske zurückzubringen. Sein aus Mali stammender Vater, der den einen Teil der Maske dem Museum geschenkt hat, ist vor kurzem gestorben, hat jedoch nie von den dramatischen Umständen erzählt, unter der die beiden Teile der Maske getrennt wurden. Sein Onkel wird ihm dabei zu einem Mittler zwischen zwei Welten, der westlichen und der afrikanischen. Jacques Sarasins ‚ethnologisches Roadmovie‘ begleitet die Suche des Sohnes, die auch zu einer Reise zur Geschichte seines Vaters und seiner afrikanischen Familie wird.

Schon 1987 befasste sich die australische Filmemacherin Frances Calvert mit der Rückgabe von Kulturgütern. In ihrem Film „Risse in der Maske“ begleitet sie die Reise von Ephraim Bani und seiner Frau auf der Suche nach originalen Schildpatt-Masken von den Torres Strait Islands in Völkerkundemuseen nach Deutschland, England und in die Schweiz. Frances Calverts Dokumentafilm eröffnet derart einen weiten Horizont von Fragen. Frances Calverts Film, der durch großartige Bilder und eine intelligente Montage überzeugt, wirft die wichtigen Fragen nach Ursprung und Gehalt, Geschichte und der Bedeutung von Artefakten für eine lebendige in stetem Wandel begriffene Kultur bedeutet. So ist der Film auch heute noch ein wichtiger Beitrag zu der neu belebten Debatte.

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