Postwachstum und alternatives Wirtschaften (SDG 12)

Das ambitionierte 12. der nachhaltigen Entwicklungsziele besagt, dass Konsum und Produktionstechniken dringend verändert werden müssen, um zukünftig gestaltungsfähig zu bleiben. Ein Baustein, um den Wandel zu einer Wirtschafts- und Lebensweise, die die natürlichen Grenzen unseres Planeten respektiert, einzuleiten, ist eine Umstellung von Konsumgewohnheiten und Produktionstechniken. Hierfür sind Regeln für den Umgang mit begrenzten Ressourcen, für den Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz ein maßgebliches Instrument. Die „Initiative Lieferkettengesetz“ spielt hierbei eine wichtige Rolle (Filmhinweise speziell zu diesem Thema finden Sie auf dieser Seite zu den SDG 10).

Aber sind alternative Wirtschaftsformen angesichts des Singulärs kapitalistischen Handelns überhaupt denkbar? Angesichts der Brisanz des Themas ist es nicht verwunderlich, dass sich in der letzten Zeit gleich zwei Filme mit dieser Frage beschäftigt haben.

 

In seinem Film „System Error – Wie endet der Kapitalismus?“ sucht Florian Opitz (Deutschland 2018, 96 Min.) Antworten auf diesen großen Widerspruch unserer Zeit: Wir sehen die schwindenden Regenwälder und Gletscher, wissen um die Endlichkeit der Natur. Doch trotz des Wissens um die Begrenztheit des Planeten wird das Wirtschaftswachstum immer weiter vorangetrieben. So zeigt der Film zeigt die Welt aus der Perspektive von Menschen, die von den Möglichkeiten des Kapitalismus fasziniert sind. Ob europäische Finanzstrategen, amerikanische Hedgefondsmanager oder brasilianische Fleischproduzenten: Eine Welt ohne eine expandierende Wirtschaft können, dürfen oder wollen sie sich gar nicht erst vorstellen. Doch sind die selbstzerstörerischen Zwänge Teil eines Systems, an dem wir alle teilhaben, als Beschäftigte, Anleger oder Konsumenten. Doch stellt der Film auch die Frage, ob wir tatsächlich bereit sind, für den Kapitalismus alles zu opfern. http://www.systemerror-film.de/

Informationen zum Einsatz des Films in Schule finden Sie unter: http://www.systemerror-film.de/assets/content/material/system-error_kc.pdf

„Kapitalismus im 21. Jahrhundert“ ist der Titel des Buchs des französischen Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty, den Regisseur Justin Pemberton in seinem gleichnamigen Film in Bilder umzusetzen versucht (Frankreich/Neuseeland 2019, 103 Min.) In seinem Bestseller räumt der Ökonom Piketty mit der weit verbreiteten Annahme auf, dass die Anhäufung von Kapital immer auch mit sozialem Fortschritt einhergeht. Für seinen Dokumentarfilm hat Regisseur Justin Pemberton etliche namhafte Denker wie Faiza Shaheen, Gillian Tett und Joseph Stiglitz interviewt, um Pikettys These auf filmische Weise zu interpretieren. In seiner Zeitreise von der Französischen Revolution über zwei Weltkriege bis hin zum Internetzeitalter Pemberton deckt Pemberton den Fehler im Kern der Weltwirtschaft auf und fordert ein radikales Umdenken.

In seinem Film „Let’s Make Money – Vom Wahnsinn, der Methode hat“ hat Erwin Wagenhöfer (Österreich 2008, 135 Min.) den Weg des Geldes verfolgt, dorthin wo spanische Bauarbeiter, afrikanische Bauern oder indische Arbeiter Geld vermehren und selbst bettelarm bleiben. In seinem Film zeigt die gefeierten Fondsmanager, die das Geld ihrer Kunden jeden Tag aufs Neue anlegen, Unternehmer, die zum Wohle ihrer Aktionäre in einem Land investieren, solange die Löhne und Steuern niedrig und die Umwelt egal ist. Gezeigt wird die allgegenwärtige Gier und die damit verbundene Zerstörung, die mit Geld verbunden ist. Deutlich wird, dass bereits bei Entstehung dieses Films vor 10 Jahren Milliardensummen, die möglichst hoch verzinst werden sollen, mit Lichtgeschwindigkeit um den Globus transferiert wurden und wie die weltweiten finanziellen Verstrickungen funktionieren.

Doch es gibt auch eine andere Beschäftigung mit dem Thema, die ebenfalls mehrere Filme hervorgebracht hat, in denen nach Wegen aus der Krise gesucht wird. Das beschäftigt auch Erwin Wagenhöfer in seinem neuen Film „But Beautiful“ (Österreich, Deutschland 2019, 116 Min.). Er zeigt Menschen, die ganz neue Wege beschreiten und die die Frage beschäftigt: Wie könnte ein gutes, ein gelungenes Leben aussehen? Ist ein „anderes“ Leben überhaupt möglich? Er begleitet Frauen ohne Schulbildung, die Solaranlagen für Dörfer auf der ganzen Welt bauen, Permakultur-Visionäre auf La Palma, die Ödland in neues Grün verwandeln, Einen Förster, der die gesündesten Häuser der Welt entwickelt oder ein junges Jazztrio, einen etablierten Pianisten und eine beseelte kolumbianische Sängerin, die der Schönheit einen Klang gebe. Die Frage: Alles wird gut? Beantwortet der Film mit: Alles kann gut werden. https://www.but-beautiful-film.com/

Auch Nino Jacusso hat sich aufgemacht, um Visionären für eine bessere Zukunft Raum zu geben. In „Fairtraders“ (Schweiz 2018, 90 Min.) begleitet zwei Unternehmerinnen und einen Unternehmer, die eine radikale Neuorientierung wagen: Sina Trinkwalder, früher Besitzerin einer Marketing-Agentur, fertigt heute Zero-Waste-Kleider mit Angestellten, die auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Chance hätten. Der Textilingenieur und ehemalige Garnhändler Patrick Hohmann hat in Indien und Tansania zwei Großprojekte für die Herstellung von Biobaumwolle aufgebaut. Und die aus dem pädagogischen Bereich kommende Claudia Zimmermann betreibt jetzt mit ihrem Partner einen Biohof mit angeschlossenem Dorfladen und engagiert sich gegen Food Waste. Faire Arbeitsbedingungen und biologische Herstellung mit dem Kostendruck der freien Marktwirtschaft zu vereinbaren ist für die drei ein ständiger Balanceakt – doch sie beweisen, dass es wirtschaftlich möglich ist, sozial, ökologisch und gleichzeitig erfolgreich zu produzieren. https://www.fairtraders.ch/

Im Jahr 2040 wird Velvet, die Tochter des Dokumentarfilmemachers Damon Gameau erwachsen sein. Mit seinem Film „2040 – Wir retten die Welt!“ (Australien 2019, 92 Min.) will er herausfinden, ob ihr Leben in 20 Jahren noch lebenswert ist und macht sich auf die Suche nach Projekten, die die Hoffnung auf eine gute Zukunft unterstreichen. Sein Ansatz: Wenn wir dafür sorgen, dass sich gute Ideen und Erfindungen, die es heute bereits gibt, flächendeckend durchsetzen, dann könnten wir im Jahr 2040 sogar auf eine verbesserte Lebensqualität blicken. Zum Beispiel durch miteinander verbundene Solarzell-Systeme, die lokale Communities mit Strom versorgen, diese zugleich aber auch unabhängig machen von störanfälligen zentralistischen Strukturen. Gleichzeitig würde der Energiesektor demokratischer und effizienter werden. Dies illustriert der Regisseur anhand eines Projekts in Bangladesch, bei dem einfache Menschen mithilfe des auf ihren Hüttendächern produzierten Stroms nicht nur über eine sichere Stromzufuhr verfügen, sondern auch noch miteinander Energiehandel treiben. Das eigene Stromnetz verschafft ihnen darüber hinaus – etwa in Form einer verlässlichen abendlichen Beleuchtung – auch viel mehr Möglichkeiten in Sachen Bildung, Freizeit, Arbeit und sozialer Austausch. Dieses und andere heute bereits existierende Projekte stellt Gameau vor und spricht dazu mit zahlreichen ExpertInnen weltweit – Aktivisten, Landwirten, Wissenschaftlern. Und er lässt Kinder der Generation seiner Tochter Velvet, die er überall auf der Welt trifft und die er hier mit ihren Ideen und Gedanken zum Klimawandel zu Wort kommen. Weitere Informationen: https://www.24-bilder.de/filmdetail.php?id=806

Auch Cyril Dion, Melanie Laurent wollen sich nicht mit dem Ende der Welt abfinden. In ihrem Film Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“ (Frankreich 2015, 117 Min.) machen sie sich auf den Weg, um weltweit Projekte und Initiativen zu besuchen, die alternative ökologische, wirtschaftliche und demokratische Ideen verfolgen. Was sie finden, sind Antworten auf die dringendsten Fragen unserer Zeit. Und die Gewissheit, dass es eine andere Geschichte für unsere Zukunft geben kann. Weitere Informationen unter: www.tomorrow-derfilm.de