Fussball WM in Brasilien

Brasilien, Austragungsort der Fußball-WM 2014 ist das größte und bevölkerungsreichste Land Lateinamerikas. Die Austragungsorte erstrecken sich von Manaus im Norden des Landes am Amazonas liegend, bis zur Hafenstadt Porto Alegre im äußersten Süden.

Neben der Hauptstadt Brasilia und Cuiabá in Mato Grosso, finden die Spiele hauptsächlich in den Großen atlantischen Küstenstädten wie Recife und Rio des Janeiro, außerdem in Sao Paulo, der größten Stadt des Landes statt.

Die Vielfalt des Landes zu verstehen, sei es in kultureller, politischer oder sozialer Hinsicht, ist nicht einfach. Filme bieten jedoch die Möglichkeit, eine Vorstellung dieser Vielfalt zu vermitteln und sich ihr über Geschichten, die aus verschiedenen Perspektiven erzählt werden, anzunähern.

So nimmt der brasilianische Regisseur Walter Salles in seinem Road Movie Central Station die Zuschauer auf dem Weg von Sao Paulo bis in den Pilgerort Bom Jesus, Nahe Porto Alegre, mit. Dora, die ihre kleine Rente damit aufbessert, dass sie sich am Bahnhof von Sao Paulo als Briefschreiberin anbietet, sieht sich plötzlich mit der Verantwortung für den neunjährigen Josué konfrontiert, dessen Mutter vor ihren Augen bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Nachdem sie erst der Versuchung erliegt, den Jungen an einen Adoptionshändler zu verkaufen und sich von dem Erlös einen Fernseher leistet, behält schließlich ihr schlechtes Gewissen die Oberhand und sie begleitet Josué in den Süden, um seinen Vater ausfindig zu machen. Neben der über 1.000 km langen Reise, die im Film fast dokumentarisch nachgezeichnet wird, werden die sozialen Ungleichheiten des riesigen Landes ebenso  deutlich, wie die tiefe Religiosität, durch die es geprägt ist. Walter Salles wurde für seinen Film 1998 mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet.

Marco Betchis Film Birdwatchers – Das Land der roten Menschen befasst sich mit einem ganz anderen Thema, birdwatchersnämlich dem Umgang mit der Urbevölkerung Brasiliens und der Zerstörung des Regenwaldes. Im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul an der Grenze zu Paraguay und Bolivien, liegt das Reservat Guarani-Kaiowá. Geld verdienen sich die Bewohner als Farmarbeiter bei den weißen Großgrundbesitzern oder indem sie sich von Touristen, die auf Birdwatching-Tour sind, in vermeintlicher Natürlichkeit fotografieren lassen. Doch die Wut auf die Großgrundbesitzer steigt und so entsteht der Entschluss, ein Stück Land, das einst ihren Vorfahren gehörte, zu besetzen. Der Konflikt eskaliert, als die jungen Männer und Anführer der Besetzung, selbst zwischen der Verantwortung für ihr Volk und den Verlockungen der modernen Welt hin- und hergerissen sind. Der Film wurde von Vision Kino im Filmprogramm des Wissenschaftsjahrs 2012 empfohlen und steht auf deren Internetseiten mit Begleitmaterial, das sich vornehmlich dem ökologischen System Regenwald widmet, zur Verfügung.

Brasilianer, die ihr Land verlassen haben, um im benachbarten Paraguay ihr Glück als Sojabauern zu versuchen, spielen in dem Film Raising Resistance von David Bernet und Bettina Borgfeld eine Rolle. In Paraguay ist Land billiger als in Brasilien, die Auflagen zum Anbau gentechnisch veränderten Sojas geringer, so dass verarmte Bauern aus Brasilien den Weg über die Grenze gehen, wo sie sich als gehasste Ausländer im Konflikt zwischen Kleinbauern und Großgrundbesitzern wiederfinden.

Irgendwo in Brasilien, abseits der großen Städte liegt, das kleine Dorf Javé, dass in der Flut eines Staudamms Javeverschwinden soll. Um ihren Heimatort zu retten und ihm die nötige historische Bedeutsamkeit zu verschaffen, beschließen die Dorfbewohner, eine Geschichte zu erfinden, durch die sie die Vernichtung des Dorfes zu verhindern hoffen. Doch die Dorfbewohner sind allesamt Analphabeten, so dass sie gezwungen sind, den Lebenskünstler und Möchtegernliteraten Antonio mit dem Schreiben des Buches zu beauftragen. Und plötzlich ist der kleine unbedeutende Ort voller Geschichten, die angeblich bis in die Zeit der Konquistadoren zurückreichen. Der Film Geschichten aus Javé von Eliane Caffé erzählt von der ungebremsten Fabulierfreude und dem Einfallsreichtum derjenigen, die aus der Geschichte gefallen zu sein scheinen, die die wahren Begebenheiten aber augenzwinkernd vorführen.

In ihrer Filmreihe Hab und Gut beschäftigt sich die Filmemacherin Gerlinde Böhm mit dem, was Menschen in verschiedenen Ländern der Erde besitzen, was es zum Leben braucht und mit welchen Dingen sie sich umgeben und den Alltag gestalten. In dem Teil über Brasilien stehen der ehemalige Wachmann Vivaldo und die Wäscherin Vera aus Salvador da Bahia im Mittelpunkt. Die drei Millionen-Stadt an der Atlantikküste gehört auch zu den Austragungsorten der Weltmeisterschaft. In ihrem Haus leben drei Generationen zusammen. Nur weil alle Kinder zum Unterhalt beitragen, kommt die Familie einigermaßen über die Runden. Vivaldo liebt seine alte Stereoanlage und Vera ist begeistert von den Tele-Novelas, die sie im Fernsehen sieht. Sie träumt davon, einmal nach Rio de Janeiro oder Sao Paulo zu reisen und die Orte zu sehen, die sie nur aus dem Fernsehen kennt.

In Puerto Alegre befindet sich ein Müllabladeplatz, der den poetischen Namen Insel der Blumen trägt. Der Kurzfilm von Jorge Furtado erklärt in überzeugender Knappheit den Weg, den eine Tomate von der Plantage über den Supermarkt und den Küchentisch von Frau Anete bis zu besagter Müllkippe zurücklegt. Dort warten die Ärmsten der Armen, um dieser Tomate doch noch einen Sinn als Nahrungsmittel zu geben. Was diese Tomate nun mit der freien Marktwirtschaft in Brasilien und dem Weltmarkt im allgemeinen zu tun hat, das veranschaulicht der verschiedenste Filmtechniken virtuos nutzende Film in einer ebenso ironischen wie oft bitter-sarkastischen Form.

In einem brasilianischen Armenviertel irgendwo am Rande einer der Megametropolen ist auch Zézé zu Hause. Der ZezeJunge, die Topfdeckel und die Favela ist ein Kurzfilm des brasilianischen Filmemachers Cao Hamburger, der für Kinder ab 6 Jahren geeignet ist. Der kleine ZéZé klaut erst seiner Mutter, dann der Nachbarin einen Topfdeckel und rast in wilder Verfolgungsjagd durch die Favela, gerät zwischendurch auf einen Fußballplatz, schießt ein Tor und landet schließlich am Ziel, einem Platz, auf dem das improvisierte Konzert schon in vollem Gange ist. Jetzt wird der Zweck der Topfdeckel klar: der Kleine setzt damit den fianeln Tusch. Der Kurzfilm gestattet viele beiläufige Einblicke in die Lebensweise der ärmsten brasilianischen Bevölkerungsschicht. Dabei symbolisiert der kleine Topfedeckeldieb ein Stück Hoffnung. Der Film ist Teil der DVD Kinderwelt – Weltkinder, auf der es zusätzliche Hintergrundinformationen und praktische Vorschläge zur Unterrichtsgestaltung gibt.

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