Inklusion
Vom 19.-20.03.2014 richtete die Deutsche UNESCO-Kommission eine Konferenz zum Thema „Inklusion – Die Zukunft der Bildung“ in Bonn aus. Ziel war es, eine Bestandsaufnahme der inklusiven Bildung in Deutschland vorzunehmen, einen Erfahrungsaustausch zu initiieren und das Thema Inklusion in der Bildung zu stärken.
Im April 2013 ist unter dem Titel „Inklusion und Film“ bei www.visionkino.de eine 80-seitige Broschüre erschienen, die Methoden, Tipps und Informationen für eine inklusive Filmbildung zusammenfasst und in der unter anderem auch Tipps für die Medienarbeit an Förderschulen vorgestellt werden.
Unter www.kinofenster.de gibt es, herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung und Vision Kino, einen Praxisleitfaden zur inklusiven Filmbildung. Hier geht die Autorin auf die technischen Voraussetzungen für inklusive Filmsichtungen mit Schülerinnen und Schülern ein und stellt Beispiele vor, wie durch Barrierefreiheit inklusive Filmpädagogik gefördert werden kann. Außerdem werden deutsche Filmproduktionen vorgestellt, die sich auf verschiedenen Ebenen mit Behinderungen auseinandersetzen.
Darin heißt es: „Film ist als audiovisuelle Kunstform ein besonders gut geeignetes Medium für die inklusive Bildung. Zum einen spricht Film im Gegensatz zu Literatur, Bildender Kunst oder Musik mehrere Sinne gleichzeitig an, so dass Inhalte auf mehreren Ebenen erfasst werden können. Zum anderen wächst durch die Intensität des Filmerlebens die innere Bereitschaft, sich mit dem Geschehen auf der Leinwand auseinander zu setzen, gleichzeitig können auch Menschen mit einer geistigen Behinderung auf der emotionalen Ebene die Handlung intuitiv miterleben. Inklusive Filmbildung fördert auf diese Weise die Reflexion und das Wissen aller SchülerInnen“.
So sind erst einmal alle Filme, die für das Globale Lernen eine Rolle spielen, auch für die inklusive Filmbildung relevant – Behinderung selbst muss nicht unbedingt im Mittelpunkt stehen. Dennoch kann es interessant sein, einen Blick auf den Umgang mit Behinderungen in anderen kulturellen Kontexten zu werfen: in Ländern Afrikas, zum Beispiel, fehlen oftmals auch die einfachsten Hilfsmitteln, um das Leben mit Körperbehinderungen weitgehend ohne fremde Hilfe gestalten zu können. Oder aber der Makel wird also so groß wahrgenommen, dass es kein Leben in der Öffentlichkeit geben darf. Filme explizit über Behinderungen gibt es kaum, doch spielen Behinderte in fast allen Filmen von Ousmane Sembène, dem Großmeister des afrikanischen Kinos, eine Rolle: Der Sohn von Guelwaar aus dem gleichnamigen Film, leidet darunter, dass er wegen seiner Körperbehinderung nicht zum Familieneinkommen beitragen kann und als nutzlos bezeichnet wird. Der Gelähmte an der Tankstelle von Faat Kiné, der seinen Rollstuhl versetzt und dafür von ihr beschimpft wird. Und all die Krüppel und Zerlumpten, die von der Gesellschaft Ausgeschlossenen und Geächteten, die in dem Film Xala den reichen Geschäftsmann Haji Abdou Kader bespucken, dem dies als letzte Möglichkeit erscheint, von seinem Fluch erlöst zu werden.
In dem „Filmklassiker“ des senegalesischen Regisseurs Djibril Diop Mambéty steht die von Kinderlähmung betroffene Sili im Mittelpunkt, die sich nur mit Krücken vorwärts bewegen kann. Das tapfere Mädchen, das durch Betteln ihre Großmutter unterstützt, bei der sie lebt, wird eines Tages von den Jungen, die die Zeitschrift „Soleil“ verkaufen so gestoßen, dass sie fällt, und kaum wieder auf die Beine kommt. Wütend nimmt sie sich vor, selbst Zeitungen zu verkaufen, denn „was Jungen können, das können Mädchen auch.“ Ungeachtet ihrer Behinderung wird sie zur Kleinen Verkäuferin der Sonne. Mit Mut und der Unterstützung neuer Freunde gelingt es ihr, sich eine neue Perspektive zu eröffnen.
Der Film Benda Bilili über eine Band behinderte Straßenmusiker aus Kinshasa, Kongo, wurde 2011 zum Kino-Überraschungserfolg. Mehr als fünf Jahre lang begleiteten die Filmemacher Renaud Barret und Florent de La Tullaye die Band. Sie zeigen die Anfänge der Gruppe, die Entscheidung, den jungen Musiker Roger Landu aufzunehmen, der sich als Virtuose auf der selbstgebauten Satongé (eine Art einsaitige Gitarre) entpuppte, und schließlich den Erfolg ihres Debütalbums Très très fort, dem Einladungen zu Festivals in Europa und anderswo olgten. Doch es geht nicht nur um die Musik, sondern auch um die desolaten Lebensumstände der Mitglieder, die als Polio-Opfer und Slumbewohner gleich in zweifacher Hinsicht zu den Außenseitern der kongolesischen Gesellschaft gehören. Die Musik, die anfangs vor allem dazu dient, ihre Gedanken in Worte zu fassen und von ihrem Schicksal zu erzählen, entpuppt sich im Lauf der Zeit immer mehr als Chance, ihrem Leben eine Wende zu geben. (Bezug über von Kool Film)
Estevan ist schwer körperbehindert. Mit seinem Projekt „Rollis für Afrika“ hat er sich vorgenommen, behinderten Kindern und Jugendlichen im Senegal eine neue Perspektive zu eröffnen. Unter menschenunwürdigen Bedingungen leben die Amputierten, Querschnittsgelähmten und Missgebildeten am Rand der Gesellschaft. Für Estevan eine Ungerechtigkeit, denn ihm geht es in seinem High-Tech-Rollstuhl und rund um die Uhr von Pflegern betreut, vergleichsweise gut. So sammelt er in ganz Deutschland gebrauchte, ausrangierte Rollstühle, Gehhilfen und Krücken. Während ein Container die Ladung in den Senegal transportiert, reist Estevan und sein Team in die Dörfer und zu den betroffenen Familien, um die Hilfsgüter zu verteilen. Zudem versuchen sie, den Behinderten physiotherapeutische Anleitungen zu geben und eine Perspektive für ein Leben mit Behinderung. Das Team ist mit einem alten Bus unterwegs, um die verschiedenen selbstorganisierten Behindertenzentren zu erreichen, für Estevan körperlich kaum zu bewältigen. Doch ist es auch die Energie des Projektes, die ihm die Kraft zum Weitermachen gibt. (Weitere Informationen zu dem Film Estevan Toubape. Rollis für Afrika von Markus Henssler bei BildManufaktur
Nähere Informationen zu den hier vorgestellten Filmen finden Sie auch in der Datenbank.
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