Rechtspopulismus
„Es ist gefährlich für uns geworden, in unserem eigenen Wald unterwegs zu sein“ sagt Kiki Tenharim, in einem Artikel der Wochenzeitung Die Zeit (27.12.2018) nach der Wahl von Jair Bolsonaro zum neuen Präsidenten Brasiliens. Kiki Tenharim lebt in einem indigenen Schutzgebiet im südwestlichen Amazonas. Seit der bekennende Rechtpopulist die Macht im Land übernommen hat, scheinen die Rechte der indigenen Bevölkerung und der Schutz des Regenwaldes, die gegenüber der mächtigen Agrarlobby und Interessen von Minengesellschaften nie eine besondere Rolle spielten, weiter gefährdet. Der Filmemacher Martin Keßler setzt sich in seiner Langzeitbeobachtung „Count Down am Xingu“ seit Jahren mit den Folgen des Baus des Xingu-Staudamms im Amazonasgebiet und den Folgen für die indigene Bevölkerung der Region auseinander. In seinem Film „Count Down am Xingu V“ (2016, 90 Min.) fasst er seine Beobachtungen zusammen. „Im Mai 2016 hat die brasilianische Präsidentin Dilma Roussef Belo Monte offiziell eingeweiht. Den drittgrößten Staudamm der Welt am Amazonasfluss Xingu. Dafür wurden der Urwald gerodet, Fischer und Indigene vertrieben, 40.000 Menschen zwangsumgesiedelt. Strom für multinationale Aluminiumkonzerne und das Schwellenland Brasilien. ‚Alles gegen das Gesetz‘, so die zuständige Staatsanwältin“. Weitere Informationen unter www.neuewut.de. (In seinem neuesten Film „Reise in den Herbst (2017, 140 Min.) befasst sich Martin Keßler übrigens mit Rechtspopulisten in Europa und versucht, den wachsenden rechtspopulistischen Strömungen in verschiedenen Ländern nachzugehen: im Gespräch mit PolitikerInnen, AktivistInnen und Stimmen aus der Bevölkerung.)
Den nahezu aussichtslosen Kampf um ihre Rechte und die demütigenden Erfahrungen, die damit verbunden sind, zeigt auch der Film „Birdwatchers“ des Brasilianers Marco Bechis (2008, 108 Min.). Der sorgfältig recherchierte und mit indigenen Laiendarstellern inszenierte Film bringt die schwierige Situation und die Bedrängnis indigener Völker zwischen Tradition und Anpassung an die Moderne in ihrer ganzen Ausweglosigkeit zum Ausdruck.
Über Begriff und Definition des Rechtspopulismus hat die Bundeszentrale für politische Bildung ein Dossier zusammengestellt. Ein Aspekt ist, dass Rechtspopulismus in seiner Weiterführung als Rechtsextremismus die Abschaffung der Demokratie anstrebt – und die Erfahrungen von Diktaturen sind in Ländern des globalen Südens nahe Vergangenheit oder noch immer virulent.
„Robert Mugabe – Macht um jeden Preis“ (2011, 85 Min.), der Film des aus Simbabwe stammenden Regisseurs Simon Bright versucht dem Phänomen in seinem Land nachzugehen und eine Erklärung dafür zu finden, warum eine politische Führerfigur wie Mugabe, den er einst bewunderte und den er in den ersten Jahren der Unabhängigkeit unterstützte, zu einem autokratischen machtbesessenen Herrscher werden konnte.
Patrice „Lumumba“ ist der erste Präsidenten des unabhängigen Kong. In seinem streng an den historischen Fakten orientierten Spielfilm (2000, 112 Min.) erzählt Regisseur Raoul Peck die Geschichte eines Mannes, der, kaum an die Macht gekommen, durch ein politisches Intrigenspiel des Westens entmachtet und ermordet wird. Sein Schicksal – jenseits dieser ebenso einzigartigen wie tragischen politischen Karriere – wurde in mancherlei Hinsicht auch zu einem Gleichnis für die Entkolonisierung des ganzen Kontinents, der den Aufbruch Afrikas in die politische Unabhängigkeit stellvertretend widerspiegelt.
Auch „Salvador Allende“ fiel internationalen Machtansprüchen auf sein Heimatland Chile zum Opfer. Durch den Putsch wurde am 11. September 1973 der demokratisch gewählte Präsident Chiles gestürzt und die Demokratie durch eine der brutalsten Militärdiktaturen des 20. Jahrhunderts ersetzt. Der Chilene Patricio Guzmán, der diese Zeit als junger Filmemacher erlebte, realisierte mit diesem Film ein sehr persönliches und ganz auf die Figur Salvador Allendes zugeschnittenes Portrait. Guzmán zeichnet mit eindrücklichem Bildmaterial die soziale und politische Herkunft Allendes nach, seinen politischen Aufstieg, die von ihm eingeleiteten Reformen bis hin zu seinen letzten Stunden, die mit dem Suizid im belagerten Präsidentenpalast endeten.
Das Leben unter einer Diktatur hat der iranische Filmemacher Alireza Khatami in seinem Film „Im Labyrinth der Erinnerung“ zum Thema gemacht. Angesiedelt auf einem Friedhof einer namenlosen Stadt, die aber gut im Chile Pinochets liegen könnte, steht der Friedhofswärter im Mittelpunkt, der sich um die würdige Bestattung einer namenlosen jungen Toten bemüht. Ihr, die wie tausende andere auch unter schrecklichen Bedingungen Opfer staatlicher Gewalt wurde, soll stellvertretend für alle Opfer staatlicher Gewalt, die Würde zurückzugeben werden. Die Parallelen, die zwischen Iran, Chile und allen unter diktatorischen Regimen leidenden Menschen überall auf der Welt gezogen werden können, fordern zu Achtsamkeit gegenüber den Freiheiten demokratischer Gesellschaften auf.