Digitalisierung und Globales Lernen (SDG 4)
SDG 4 besagt, eine „inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung zu gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle zu fördern“. Dass Digitalisierung unser Lernumfeld entscheidend verändert und aus der Bildungslandschaft nicht mehr wegzudenken ist, wird in dem Beitrag „Orientierung gefragt – BNE in einer digitalen Welt. Diskussionspapier zur wechselseitigen Ergänzung von Bildung für Nachhaltige Entwicklung und Digitaler Bildung im Bereich Schule“, der als Ergänzung zum Orientierungsrahmen Globale Entwicklung am 20. Juli 2018 veröffentlicht wurde. Darin heißt es: „Digitalisierung eröffnet einerseits große Chancen, um zu Lösungen globaler Herausforderungen zu kommen und hat das Potenzial, den Zugang zu Wissen und Bildung zu verbessern. Andererseits stellen uns Digitalisierungsprozesse vor große Herausforderungen, beispielsweise hinsichtlich der Manipulierung von Fakten und Informationen, der informationellen Selbstbestimmung bzw. des rechtssicheren Umgangs mit Daten und Medien“. Diese Problematik führt zu der Aufforderung: „Digitalisierung braucht dringend Gestaltung“.
Doch darf ein anderer entscheidender Faktor darüber nicht in Vergessenheit geraten, denn auch hierbei ist der Wille zu Gestaltung, zu Wissen und Entscheidung gefragt. Die Rohstoffe, die für die Produktion der Geräte, die unsere digitale Zukunft garantieren, benötigt werden, kommen zu großen Teilen aus Ländern des globalen Südens und die Gewinnung geschieht nicht selten unter Bedingungen, die für die beteiligten Menschen wie für die Umwelt in hohem Maße schädlich sind.
Die Dokumentation und Magazinbeiträge der Themen-DVD „Digital-mobil-und fair?“ folgen dem Produktions- und Gebrauchszyklus verschiedener Geräte vor allem der Informations- und Unterhaltenstechnik, von der Rohstoffgewinnung über deren Verarbeitung bei der Gerätefertigung, bis zu ihrer Entsorgung oder Wiederverwertung. Der Frage nach Alternativen zur beklagenswerten Realität sind dabei wichtig, denn es geht nicht darum, diese Geräte zu verdammen, sondern um mögliche Verbesserungen. So gibt es bereits ein Fairphone, aber die Frage, warum nicht mehr Geräte unter besseren Bedingungen produziert, verarbeitet und am Ende auch wieder dem Rohstoffkreislauf zugeführt werden, ist nicht immer leicht zu beantworten. Auf der DVD-ROM-Ebene gibt es umfangreiches Begleitmaterial mit Arbeitshilfen zu den einzelnen Filmen und Hintergrundmaterial für die Bildungsarbeit. Die DVD ist auch Teil der handy-aktion, die Jugendliche, zu deren Alltag Handys unmittelbar gehören, ansprechen will, sich über Herstellung, Gebrauch und Entsorgung ihrer Geräte zu informieren und zu organisieren.
Gold ist einer der Rohstoffe, die für die Herstellung elektronischer Geräte unverzichtbar ist. So weist die Handy Aktion zum Beispiel auf folgenden Umstand hin, der zum Nachdenken anregt:
- Zahl der ungenutzten Mobiltelefone in Deutschland: 124 Mio. Handys.
- Menge an Gold, die in einem Mobiltelefon durchschnittlich enthalten ist: 0,025 Gramm.
- Menge an Gold, die in etwa in ungenutzten Mobiltelefonen lagert: 3,1 Tonnen.
- Menge an Golderz, die abgebaut werden muss, um diese Menge an Gold zu gewinnen: 775.000 Tonnen.
Gold ist das Thema des Films „Galamsey – für eine Handvoll Gold“ (2017, 28 Min.). Damit kehrt Filmemacher Johannes Preuss nach Ghana zurück, wo er als junger Entwicklungshelfer erlebte, wie ein Goldrausch eine kleine Stadt in Ghana ergriff. Jetzt will er herausfinden, was der vermeintliche Goldsegen den Menschen wirklich bringt. In seiner Reportage beleuchtet er den Beginn des Goldrausches, die Unterschiede zwischen legalem und illegalem Goldbergbau, im ghanaischen Pidgin „Galamsey“ genannt, und das Vorgehen der Galamsey-Arbeiter. Interviews mit alten Bekannten und im Goldgeschäft tätigen Arbeitern und Händlern geben einen Einblick in den blutigen Konflikt zwischen der Polizei, die hart gegen den illegalen Abbau vorgeht, und gegen den Menschen, die auf das Schürfen angewiesen sind. Dabei thematisiert er die durch das Galamsey offensichtliche Umweltzerstörung ebenso wie Korruption, Arbeitslosigkeit und Kriminalität Der 2017 mit dem Studenten-Oscar ausgezeichnete Film ist bei Matthias-Film als DVD educativ mit Unterrichtsmaterialien erschienen.
In ihrem Film „Death by Design – Die dunkle Seite der IT-Industrie“ (USA 2015, 73 Min.) wirft Sue Williams einen erschütternden Blick hinter die scheinbar „saubere“ Kulisse der Elektronikindustrie, von deren Produkten wir alle abhängen. Der Film erzählt die Geschichten von jungen chinesischen Arbeitern, die unter unsicheren Bedingungen produzieren, von amerikanischen Familien, die mit den tragischen Folgen des Umgangs der Elektroindustrie mit toxischen Stoffen leben müssen, von Aktivistinnen und Aktivisten, die alles dafür tun, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, und von leidenschaftliches Unternehmen, die sich für die Entwicklung nachhaltiger E-Produkte einsetzen, um unseren Planeten und unsere Zukunft zu schützen. So wird deutlich, dass wir alle aufgefordert sind, einen durchdachten Umgang mit elektronischen Geräten zu pflegen, um die Umwelt ebenso zu schützen, wie unsere Köpfe vor gedankenlos verbreiteten Inhalten.
Vision Kino hat einen FilTtipp ZOOM dem Film„Welcome to Sodom – Dein Smartphone ist schon hier“ (Florian Weigensamer, Christian Krönes, Österreich 2018, 92 Min.) gewidmet. Der FilmTipp ZOOM beinhaltet mehrere Recherchevorschläge, wie z. B. „Das illegale Geschäft mit Elektroschrott“, „Umweltverschmutzung und Gesundheitsgefährdung“ oder „Die Stellung von LGBTIQ-Menschen in Afrika“. Anhand von Smartphones kann aufgezeigt werden, dass nicht nur die Entsorgung von Elektrogeräten, sondern bereits die Produktion mit hohen Kosten für Mensch und Umwelt verbunden sein kann. Der Film regt auch zu der Diskussion darüber an, inwiefern die Industrieländer eine Mitverantwortung an der Entstehung von Fluchtursachen tragen. Da das Handy das Leitmedium von Jugendlichen schlechthin ist, empfiehlt es sich, die Beschäftigung mit der weit verzweigten Lieferkette eines Smartphones im Unterricht zu vertiefen. Die besondere Ästhetik des Films regt dazu an, sich mit seiner offenen Form des dokumentarischen Erzählens zu beschäftigen sowie mit dem grundsätzlichen Merkmal von Dokumentarfilmen, keine einfache (vermeintlich objektive) Abbildung der Wirklichkeit zu sein, sondern stets eine selektive, subjektive Sicht auf diese Wirklichkeit zur Diskussion zu stellen.