Sport und Nachhaltige Entwicklung

Das Unvorstellbar wurde durch das Corona-Virus 2020 Wirklichkeit: die Fußball-Europameisterschaft, geplant vom 12.6.–12.7. wurde abgesagt. Aber auch andere Sportarten müssen auf öffentlich Wettkämpfe verzichten, hochdotierte Sportereignisse werden gestrichen oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Ob dadurch eine Entwicklung des Schneller, Weiter, Höher, Teurer durchbrochen werden kann – schwierig ist jedenfalls, dass auch für alle, die Sport aus Spaß am Spiel betreiben, gerade kein gemeinsames Training möglich ist. Denn Sport ist ja nicht nur Wettkampf, sondern fördert den Teamgeist, die Kommunikation und das Kennenlernen. Sport kann Motor für persönliche und gesellschaftliche Entwicklungsprozesse sein und ermöglichen, Menschen über Grenzen hinweg in Kontakt zu bringen – seien diese national oder sozial. Und dass Fußball auf außergewöhnliche Weise diese verbindende Kraft hat, steht außer Zweifel.

Die Themen-DVD „Die Welt ist rund“ beinhaltet fünf Filme zum Thema „Fußballträume – Fußballrealitäten“. Überall spielen Kinder Fußball nach denselben Regeln, haben ihre Idole, denen sie nacheifern, so wie Chula auf Kuba, Mika aus Gnland und Karma, der in einem buddhistischen Kloster in Nepal neben den strengen Regeln seiner Leidenschaft nachgeht („Mika, Chula und Karma“, Christoph Weber, Bernd Witling, 26 Min.). Doch gibt es immer wirtschaftliche Interessen, die mit dem beliebtesten Sport der Welt verbunden sind. Der Beitrag „Balljungs – woher kommen die Fußbälle“ (von Svea Andersson und Anke Möller, 28 Min.) her wirft einen Blick auf die Produktion von Fußbällen, in der Kinderarbeit keine Seltenheit ist. Auch wenn das Thema durch Projekte des fairen Handels zum Beispiel mittlerweile eine große Öffentlichkeit erfahren hat, ist es wichtig, sich immer wieder die Gefahren, die bei Massenproduktionen entstehen können, vor Augen zu führen. Auch Mädchen lieben Fußball, selbst wenn dies oftmals belächelt oder nicht weiter ernst genommen wird. Die jungen Frauen aus Honduras („Adelante Muchachas“, Erika Harzer, 33 Min.), die sich dem Sport verschrieben haben, überschreiten nicht nur Grenzen, was die gesellschaftliche Akzeptanz ihrer Rolle als Frau angeht, sondern auch Klassenschranken, wenn Mädchen aus unterschiedlichen sozialen Schichten in Teams zusammen spielen oder gegeneinander antreten. Und es geht um das bittere Thema der Ausbeutung junger talentierter Spieler, die mit großen Versprechungen nach Europa gelockt werden und gegebenenfalls auf der Strecke bleiben („Sold out“ von John Buche, 27 Min.).

Um die integrierende Kraft von Fußball geht es in dem Kurzspielfilm „In Our Country“ von Louisa Wagener (2016, 30 Min.). Der junge Eritreer Teklebrhan kommt alleine in einer bayerischen Flüchtlingsunterkunft an, sein Bruder, der Profifußballer werden wollte, kam auf der Flucht ums Leben. Tekle tut alles, um den Traum seines Bruders zu erfüllen. Dabei stößt er auf Widerstand und Ablehnung, findet aber auch einen Freund und die Möglichkeit, über seine Erfahrungen zu sprechen.

Der Spielfilm „Timgad“ von Fabrice Benchaouch (2016, 96 Min.) greift ein anderes Thema auf, das mit der Liebe zum Fußball verbunden ist. Im algerischen Timgad werden in einer Nacht elf Jungen und ein Mädchen geboren, und so entsteht sechs Jahre später der Plan des fußballbegeisterten Grundschullehrers, eine Fußballmannschaft zu gründen. Als einer der Jungen das Dorf verlässt, droht der Traum des Lehrers, seine Jungs für die Jugendmeisterschaften in Marseille zu qualifizieren, zu scheitern. Doch da gibt es doch noch ein Mädchen in der Klasse … Ohne direkt auf die Geschichte Algeriens einzugehen, wird in der märchenhaften Tragikomödie doch immer wieder an den islamistischen Terror der 1990er Jahre erinnert. Gleichzeitig wird durch die verschmitzt angekündigte neue Rolle der algerischen Frauen eine Vision für die Zukunft deutlich.

Denn nachhaltige Entwicklung ist nur durch die gleichberechtigte Teilnahme von Frauen möglich und vorstellbar, auch im Sport.

Dass Frauen in vielen Sportarten noch immer diskriminiert werden, ist – unter anderem – auch Thema der dreiteiligen Reihe „Chicks on Boards“. Junge Frauen aus Indien, Südafrika und dem Gaza Streifen erzählen von ihrer Begeisterung für das Surfen und den Hindernissen, denen sie in ihren Gesellschaften als Frauen ausgesetzt sind. Und dass es einiges bedarf, um sie von ihrer Freude am Wellenreiten abzubringen. Dörthe Eickelberg, die die die kurzen Filme erzählt, ist selbst begeisterte Surferin und so begegnet sie den jungen Frauen auf Augenhöhe und in freundschaftlicher Verbundenheit, was viel zur Offenheit der Gespräche beiträgt.

Auch die 18-jährige Yuma weiß, was es heißt, sich als Frau durchzuschlagen – im wahrsten Sinne des Wortes. Um den Diskriminierungen als Frau und ihrem sozial schwierigen Milieu in Nicaraguas Hauptstadt Managua zu entkommen, beginnt sie zu boxen und macht sich damit nicht nur Freunde. „La Yuma“ der nicaraguanischen Filmemacherin Florence Jaugey (2010, 87 Min.) lernt jedoch, dass die Wut, mit der sie zu boxen begonnen hat, auch andere Kräfte entfalten kann.