Globale Entwicklung in der beruflichen Aus-und Weiterbildung

Das Umfeld der beruflichen Bildung ist heterogen, daher sollte, so heißt es im Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung, das Ziel dieses neuen Bereichs sein, berufliche Bildungsprozesse so anzulegen, dass sie dazu befähigen, die globale Entwicklung mitzugestalten. Diese Gestaltungskompetenz wird für das berufliche, aber auch das private und gesellschaftliche Handeln der Schülerinnen und Schüler angestrebt. Wichtig ist, auch auf die Vielfalt der Themen, die sich mit dem Lernfeld Globale Entwicklung verbinden, hinzuweisen. Filme können hier sehr gute Einblicke bieten, zum Beispiel in das Lebens- und Arbeitsumfeld junger Menschen in anderen Ländern und Kontinenten, aber auch die Parallelen in deren Interessen, sei es im Beruf oder in der Freizeit. „Die Mitgestaltung der globalen Entwicklung ist in hohem Maße auf interkulturelle Kommunikation angewiesen. Folglich ist interkulturelle Kommunikationskompetenz eine der entscheidenden Kompetenzen – sowohl für die Berufstätigkeit als auch für das Handeln im persönlichen und sozialen Kontext. Darüber hinaus beinhaltet interkulturelle Kompetenz grundlegende Fähigkeiten wie Perspektivenwechsel und das Lernen von anderen Kulturen“ heißt es im Orientierungsrahmen (S. 383). Filme sind in besonderem Maße dazu geeignet, diese Kompetenzen zu erproben und Erfahrungsräume zu betreten, die uns gemeinhin verschlossen bleiben.

Für junge Menschen hier und anderswo spielt die digitale Entwicklung eine große Rolle. Sie verbinden sich so in der globalisierten Welt, auch wenn ihre Interessen, Zugänge und Schwerpunkte andere sein mögen. Die neue erschienene Themen-DVD „Afrika_Digital.2“ spricht viele dieser Themen an. In der Dokumentation „Digital Africa – Ein Kontinent erfindet sich neu“ zeigt Start up-Unternehmen in Ruanda, Kenia und Ghana und die Energie, mit der junge Menschen dort mit ihrer Neugierde und ihrem Erfindungsreichtum digitale Projekte zum Wohl ihrer Gesellschaften nutzen, sei es indem neue Bezahlsysteme eingeführt werden oder armen Menschen der Zugang zu bezahlbarer Energie ermöglicht wird. Oder indem durch 3D-Drucker fehlende Teile für den Gesundheitssektor erzeugt werden. Junge Rapper aus dem Senegal („Algo-Rhythm“ von Manu Luksch) und der DR Kongo („Zombies“ von Baloji) befassen sich kritisch mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf Politik und Demokratisierungsprozesse, aber auch auf das zwischenmenschliche Miteinander. Musik ist unbedingt ein verbindendes Element zwischen Jugendlichen weltweit. Durch die Übersetzung der Texte und die ausführlichen Informationen zum Kontext von deren Entstehung auf der ROM-Ebene der DVD wird ein guter Einstieg in die jugendkulturelle Szene afrikanischer Länder ermöglicht.

Aber auch die negativen bzw. kritischen Seiten der Digitalisierung spiegeln sich in den Beiträgen der DVD. Daniel Kötter hat für den Film „ChinAfrika.mobile“ Handy-Aufnahmen von Arbeitern verwendet, die unmittelbar in die Gewinnung von Rohstoffen (als Minenarbeiter), die Vermarktung von Smartphones (in Handelszentren in China) und den Verkauf bzw. das Recycling (Händler in Ghana) eingebunden sind. Durch diesen Blickwechsel lässt sich auch gut auf die Frage eingehen, was den Filmenden wichtig war und welche Details die SchülerInnen hier vielleicht betont oder hervorgehoben hätten.

Für das ganze Themenspektrum der Digitalisierung stehen für die Bildungsarbeit (teilweise auch online, s.a. Hinweise in der Datenbank) weitere Filme zur Verfügung. Die Themen-DVD „Digital-Mobil und Fair?“ greift ebenfalls das Thema der Rohstoffgewinnung auf und verknüpft dies mit der Verantwortung, die wir alle im Nutzen und Verwerten unserer Smartphones haben. Auch der Aspekt von fair gehandelten Geräten kommt zur Sprache. Dies ist auch Teil des Films „Death by Design“ von Sue Williams, die neben den katastrophalen Folgen der Handy-Produktion in Silicon Valley und in der Folge in China auch alternative Projekte in der Herstellung und dem Recycling hervorhebt.

Ein Projekt junger Star ups in Ruanda setzt Drohnen ein, unter anderem zur Ernteüberwachung oder um Schädlingsbefall oder Trockenschäden in der Landwirtschaft zu erkennen. „The Food Challenge“ greift diese Themen auf, indem nämlich die Rolle von Pestizideinsatz in der Landwirtschaft in Kenia und die verheerenden Folgen für Land und Menschen, die die so hergestellten Produkte verzehren, in den Mittelpunkt gestellt werden. Aber auch da gibt es junge Menschen, die landwirtschaftliche Alternativen erproben, die wichtige Impulse für landwirtschaftliche Entwicklungen hier geben können. Auch eine Diskussion über die Folgen der Globalisierung für die Landwirtschaft und die Rolle von fairem Handel können sich anschließen, ein Thema, auf das junge Menschen im Rahmen einer Berufsausbildung stoßen und das sie beschäftigen könnte. Die Bedeutung von fairem Handel für den Anbau von Kakao verdeutlich der kurze Beitrag „Fair handeln – Kakao aus der Elfenbeinküste“, in dem der Schauspieler Hannes Jaenicke sich auf die Spuren der Grundlage von Schokolade und deren Herstellungs- und Handelsbedingungen begibt.

Um fairen Handel bzw. gerechte Produktionsbedingungen wird es auch immer wieder gehen, wenn das Thema Mode zur Sprache kommt. „Der Film „Todschick – die Schattenseite der Mode“ von Inge Altemeier greift dieses Thema auf und fragt, warum noch immer Arbeiterinnen in Billiglohnländern für die Produktion eines T-Shirts sterben müssen. Er stellt aber auch ein Gesetz aus Frankreich vor, nach dem europäische Unternehmen juristisch belangt werden können, wenn ihnen Menschenrechtsverletzungen in ihren Produktionsbetrieben nachgewiesen werden können. Dieses Thema auf deutsche Verhältnisse zu übertragen und dementsprechende Recherchen – auch bei den „Lieblingsmodeketten“ – anzuregen, kann ein motivierender Auftrag sein. Über die Arbeitsbedingungen in der Modeindustrie klärt auch der Film „The True Cost“ von Andrew Morgan auf, indem interessante Fakten über die „wahren“ Kosten unser Billig-T-Shirts, was Rohstoffe und Produktion angeht, erläutert werden.

Der kurze Spielfilm „Geheime Werkstätten“ von Catalina Molina greift die Lebensbedingungen in einem argentinischen Sweatshop am Beispiel der jungen Bolivianerin Juana auf, die dort illegal für den Unterhalt ihrer Familie arbeitet,

Rafina lebt in Karachi, der größten Stadt Pakistans. Um einem Leben, das sie ausschließlich als Ehefrau und Mutter verortet zu entgehen, strebt sie eine Karriere in der jungen globalisierten Modewelt des Landes an. In ihrem Spielfilm „Good Morning Karachi“ geht die pakistanische Regisseurin Sabiha Sumar sowohl auf das verändertet Rollenverständnis junger Frauen in einem patriarchal geprägten Land ein, als auch die Chancen, Herausforderungen und Risiken, die globalisierte Wirtschaftsbedingungen für arme Ländern darstellen.

Junge Frauen aus Indien, Palästina und Südafrika stehen auch im Mittelpunkt der Kurzfilmreihe „Chicks on Boards“, diesmal als begeisterte Sportlerinnen, die ihrer Leidneschaft wegen der Reglements und Einschränkungen in ihren Heimatländern nicht selbstbestimmt ausüben dürfen. So kann Aneesha aus Mangalore/Indien nicht alleine zu den Surf-Wettbewerben reisen, um sich als Profisurferin zu etablieren. Ihre Mutter muss mit ihr fahren, die damit die Scheidung bzw. Verstoßung von ihrem Ehemann riskierte. Sabah aus Gaza Stadt hat die Surfbegeisterung von ihrem Vater. Doch nach ihrer Hochzeit wird sie das Surfen aufgeben müssen. Und Suthu aus Südafrika ist die erste schwarze Frau, die den Versuch unternimmt, sich in einem bislang von Weißen dominierten Männersport zu beweisen.

Was treibt junge Menschen in anderen Teilen der Welt bei der Planung ihrer Zukunft an und um? Die zwei Jungen und zwei Mädchen in Teboho Edkins Film „Coming of Age“ leben in den abgelegenen Gebieten Lesothos. Wenn sie sich für eine weiterführende Schule entscheiden, verlieren sie ihre Heimat, denn es gibt wegen aussichtsloser Arbeitschancen kein Zurück in die kleinen ländlichen Gemeinschaften. Wenn nicht bleibt nur das Leben als Hirten und Viehzüchter.

Der 14jährige Sohel aus Dhaka in Bangladesch muss sich nach der Trennung der Eltern um seine Mutter und seine vier Schwestern kümmern. Doch er versucht beharrlich das Geld aufzubringen, um eine Lehre in einem Computerladen beginnen zu können. Dafür reist der auf entlegene Inseln, um den dort lebenden Menschen ein Handy für Gespräche mit ihren Angehörigen in der Stadt zu vermieten. Der Film „Der Netzwerker“ des aus Bangaldesch stammenden Regisseurs Shaheen Dill-Riaz erzählt von seinem Leben.

Alle Filme, und das ist für die Bildungsarbeit besonders wichtig, sind mit ausführlichen Arbeitsmaterialien versehen, die entweder der DVD beiliegen oder online zur Vorbereitung von Lehrende zur Verfügung stehen.