Nachhaltiges Leben (SDG 12)

Corona hat es gezeigt: es geht auch ohne steigenden Flugverkehr und die sinkende Mobilität mit dem Auto hat nachweislich für bessere Luft und die Verringerung des klimaschädlichen Co2-Ausstoßes gesorgt. Aber reicht das? Sehnen sich nicht viele nach dem Urlaub, der Reise in die Ferne, unabhängig von den Folgen für die betroffenen Regionen und dem Klima zurück? Wie kann ein Umdenken erfolgen, das sowohl diesen Aspekten Raum gibt als auch dem Wunsch nach Bewegung, Begegnung und Kommunikation?

Die Kompilations-DVD „Fernweh – Tourismus im Spannungsfeld von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt“ greift in Filmen, Spots und kurzen Magazinbeiträgen diese Fragen in vielerlei Hinsicht auf. So geht es in dem Film „Die Gans mit den goldenen Eiern“ von Charlene Music und Peter Jordan um die Auswirkungen auf die Umwelt durch den steigenden Tourismus an der Pazifikküste Costa Ricas. „Serengeti – Kein Platz für Menschen“ von Andreas Apostolidis geht der Frage nach, was der Wunsch westlicher Touristen nach unverstellten Naturerlebnissen für die Menschen, die in dieser Region leben, bedeutet. Und der Kurzspielfilm „When I grow up I want to be a Tourist“ von Magdalena Piotrowski und Eva Kondzielnik zeigt überspitzt, welche Bilder Touristen von ihrer Lebenswelt in den Augen der Einheimischen hinterlassen. Doch kann Tourismus nicht nur für Menschen in Ländern des globalen Südens zur Belastung werden, wie der Film „Welcome, Good Bye“ von Nana A.T. Rebhan und Alfred Exner zeigt: Berlin ächzt zunehmend unter den Menschenmassen, die sich auf der Suche nach Erlebnissen durch die Stadt drängen – auch hier hat Corona Grenzen gesetzt.

Zwar bleiben alle mittlerweile vermehrt zuhause, doch wäre dies wohl kaum ohne die Kommunikationsräume und die vielen Möglichkeiten die das Internet eröffnet, möglich. Die Herstellung von Handys, Smartphones und Computern und die Rohstoffe, die hierfür unter welchen Bedingungen gewonnen werden, bleiben vielfach unbeachtet. Dies zu ändern, hat sich die Handy-Aktion vorgenommen und nutzt zur Information die DVD „Digital – Mobil – und Fair?“ die sich genau mit diesen Fragen beschäftigt. „Sklavenarbeit für unseren Fortschritt“, so der Titel der Reportage von Tilman Achtnich, der sich auf den Spuren der zum Teil seltenen Mineralien und Erden, die für die Herstellung von Handys zum Beispiel gebraucht werden, nach Bolivien und in den Kongo begibt. Dieses Thema greift auch der Film „Die Lithium-Revolution“ von Andreas Pichler und Julio Weiss auf, wenn es um das „Weiße Gold“, das unabdingbar für die Herstellung von Batterien ist. (Der Film ist Teil der DVD „Umschalten. Filme zu Energie, Menschenrechten und Klimaschutz“). Eine andere Seite dieses weißen Goldes zeigt Gisela Carbajal Rodríguez in ihrem Film „Oro Blanco“. Die Hochebene der Salinas Grandes im Nordwesten Argentiniens birgt eines der größten Lithiumvorkommen der Welt. Um es abzubauen wird das letzte Süßwasser der Wüste benötigt und dafür von Konzernen in riesige Becken gepumpt. So bedroht der Rohstoffhunger der Batterieindustrie die Hirten und die traditionelle Salzgewinnung der indigenen Kolla und Atacama.

In dem Film „Chinafrika.mobile – Mobiltelefone auf dem Weg durch drei Kontinente“ verfolgt Daniel Kötter durch die Handykameras von Minenarbeitern, Arbeitern in der Handyproduktion, Händlern und Leuten aus dem Recycling-Sektor, die Bereiche, die ein Handy – von der Suche nach Rohstoffen bis zur Wiederverwertung – durchläuft. Eine Kette von Ausbeutung, Überlebenswillen, Nutzbarmachung und Abhängigkeiten entsteht, deren Globalität und Unübersichtlichkeit durch den eindringlichen Film ein Gesicht bekommt. (Der Film ist Teil der DVD „Afrika_Digital.2 – Von Start Ups und Künstlerträumen“, die ebenfalls zusammen mit der Handy-Aktion erschienen ist und die digitale Möglichkeiten für den afrikanischen Kontinent hervorhebt.)

Die Herstellung von Handys und die Auswirkungen auf die Gesundheit und Umwelt zeigt der Film „Death by Design“ von Sue Williams, die sich für ihren Film von den Anfängen der Computerherstellung in US-amerikanischen Silicon Valley bis in die Industriezonen Chinas begibt und die Aussagen von Wissenschaftlern und Betroffenen gleichermaßen in ihren Recherchen vertieft.

In ihrem langen Dokumentarfilm „Welcome to Sodom“ gehen Florian Weigensamer und Christian Krönes bis zum Ende der Verwertungskette digitaler Medien. Agbogbloshie am Rande der Millionenmetropole Accra ist eine der größten Elektro-Müllhalden der Welt und zählt zu den verseuchtesten und giftigsten Arealen der Erde. Dort wird der westliche Wohlstandmüll unter haarsträubenden Bedingungen recyclen. Der Film erzählt aber auch von den Menschen, die dort leben und arbeiten sichern.

Dieser gesamte Themenbereich könnte auch darauf hin untersucht werden, wer eigentlich die Kosten für diesen räuberischen Umgang mit Rohstoffen als auch mit menschlichen Ressourcen bezahlt. Doch spürt Andrew Morgan in seinem Film „The True Cost“ den wahren Kosten der Mode nach, einem Industriezweig, der wie kaum ein anderer das Konsumverhalten der westlichen Welt widerspiegelt.Indem er die Ausbeutungskette, die in jedem einzelnen Modeartikel steckt, benennt und konstatiert stellt er fest: Die Kosten für unsere Kleidung bezahlen andere. Über die Folgen, die das für TextilarbeiterInnen in Bangladesch zum Beispiel hat, wurde ausführlich berichtet (Inge Altemeier greift dies in ihrem Film „Todschick – Die Schattenseite der Mode“ auf). Doch wird es noch einige Zeit dauern, bis sich dieses Wissen nicht nur im Konsumverhalten einzelner, sondern auch in einem adäquaten Lieferkettengesetz umsetzt.

Mit seinem Film „Taste the Waste“ – in der Kurzfassung unter dem Titel „Essen im Eimer“ erschienen – hat Filmemacher Valentin Thurn nicht nur ein Thema bearbeitet, mit dem er sich lange befasst hat, sondern auch eine Bewegung ins Rollen gebracht. Die skandalöse Nachricht, dass 50% der Nahrungsmittel weggeworfen werden, hat viele zum Nachdenken angeregt. Da es nicht nur um die Vernichtung von Lebensmittel, sondern auch um ein Umdenken, was deren Produktion angeht, geht, hat er die Plattform „Taste of Heimat“ mitbegründet, auf der Informationen über regionale und faire Versorgungsmöglichkeiten kommuniziert werden.

Und auch andere Bewegungen geben Grund zur Hoffnung. „Youth Unstoppable – Der Aufstieg der globalen Jugend-Klimabewegung“ ist auch die Geschichte der jungen kanadische Filmemacherin Slater Jewell-Kemker, die sich seit sie 15 Jahre alt ist in der weltweiten Jugendbewegung gegen den Klimawandel engagiert. Zwölf Jahre lang begleitet sie die weltweit wachsende Jugendbewegung mit der Kamera, anfangs noch unsicher, dann immer selbstbewusster und als Teil einer wachsenden Bewegung. So ist sie bei den Konferenzen in Brasilien, Dänemark und Polen dabei, spürt die Aufbruchstimmung mit Obama und Al Gore in Paris 2015 und die Enttäuschung über Trump, der drei Jahre später droht, das Pariser Klimaabkommen zu kündigen. Aber dann löst Greta Thunberg mit ihrem Schulstreik eine weltweite Massenbewegung der Jugendlichen aus, eine Bewegung, die „unstoppable“ ist.

Was Herr Meier in dem kurzen Animationsfilm von Ellen Seibst noch mühsam lernen muss, gehört vielleicht ja auch schon bald zum Allgemeinwissen („Herr Meier und der ökologische Fußabdruck“)